Berlin. Die Lage auf dem Lehrstellenmarkt hat sich 2011 weiter entspannt. Grund dafür ist laut Bundesregierung unter anderem die gute Wirtschaftslage. Die Kehrseite: Betriebe tun sich zunehmend schwer, Nachwuchs zu finden. Besonders betroffen sind das Gastronomie-, Hotel- und Lebensmittelgewerbe.

Die Bundesregierung gratuliert sich selbst: „Wir sind mit unseren Maßnahmen auf dem richtigen Weg“, so kommentiert Ministerin Annette Schavan den im Kabinett verabschiedeten Berufsbildungsbericht 2012. Die Lage auf dem Lehrstellenmarkt hat sich 2011 weiter entspannt. Die Kehrseite: Betriebe tun sich zunehmend schwer, Nachwuchs zu finden.

Wie sind die Zahlen?

Im vorigen Jahr wurden 570.140 neue Ausbildungsverträge abgeschlossen. Das waren 10.180 oder 1,8 Prozent mehr als 2010. Lässt man das um mehr als ein Viertel verringerte außerbetriebliche Ausbildungsangebot außer Acht, so betrug der Zuwachs an betrieblichen Ausbildungsverträgen sogar vier Prozent. Ihre Zahl lag bei 539.646.

Wie sind Angebot und Nachfrage?

Am Ende des Ausbildungsjahres gab es immer noch 29.689 unbesetzte Lehrstellen, aber nur 11.550 noch unversorgte Bewerber. Der Überhang der offenen Stellen im Vergleich zur Zahl erfolgloser Bewerber stieg zwischen 2010 und 2011 von 7350 auf 18.139.

Was bedeutet das für die bisherigen Verlierer auf dem Ausbildungsmarkt?

Die Zahl der „Altbewerber“, die schon in den Jahren zuvor erfolglos geblieben waren, verringerte sich von 2010 bis 2011 um 10.460 gleich 5,7 Prozent. Sie betrug damit noch 174.285. Gesunken ist auch die Zahl Jugendlicher, die nach der Schule zunächst eine Übergangsmaßnahme durchlaufen, weil sie entweder noch nicht ausbildungsreif sind oder bei der Stellensuche leer ausgingen. Sie lag 2011 bei 294.294 und damit erstmals unter der Marke von 300.000. Im Vergleich zum Vorjahr ist sie damit um acht Prozent gesunken.

Wie erklärt sich der Trend?

Abgesehen von der aktuell guten Wirtschaftslage verweist die Bundesregierung auf die längerfristige Entwicklung, die sich seit Jahren abzeichnet und jetzt immer konkreter bemerkbar macht. So sank von 2010 bis 2011 die Zahl der nicht studienberechtigten Schulabgänger, aus denen sich das Gros der Lehrstellenbewerber rekrutiert, um 19.700 gleich 3,5 Prozent. Im Vergleich zu 2005 drängten damit über 154.000 junge Leute weniger auf den Lehrstellenmarkt. Bis 2025 wird sich diese Zahl nach Erwartung der Bundesregierung in den neuen Ländern auf niedrigem Niveau stabilisieren, in den alten indes weiter deutlich zurückgehen.

Was bedeutet das für die Betriebe?

Während sich früher junge Leute dem Lehrstellenmangel ausgesetzt sahen und die Bundesregierung die Wirtschaft mit aufwändigen Kampagnen umwarb, müssen heute die Unternehmen um den Nachwuchs fürchten. Besonders betroffen sind das Gastronomie-, Hotel- und Lebensmittelgewerbe, aber etwa auch Klempner und Gebäudereiniger. Im vorigen Jahr konnten 35 Prozent der Betriebe, die Lehrstellen angeboten hatten, eine oder mehrere davon nicht besetzen. Der Bund befürchtet negative Auswirkungen auf die Ausbildungsbereitschaft. Sie verweist darauf, dass zwischen 2009 und 2010 der Anteil der Betriebe, die überhaupt Lehrlinge ausbilden, von 23,5 auf 22,5 Prozent gesunken ist.

Wer leistet was für die Ausbildung?

Auch 2011 entfiel mit 27,2 Prozent der Löwenanteil der Ausbildungsverträge auf das Handwerk. Im Vergleich zum Vorjahr hat sich die Zahl kaum verändert. Einen leichten Zuwachs um 0,4 Prozent verzeichneten die Freien Berufe, deren Anteil bei 7,5 Prozent lag. Einen massiven Rückgang um 8,5 Prozent gab es im Öffentlichen Dienst.

Wo besteht Handlungsbedarf?

Bei Jugendlichen mit Migrationshintergrund. Nur 33,5 Prozent von ihnen hatten 2010 eine Lehrstelle, gegenüber 65,4 Prozent der Deutschstämmigen.