Vest. . Die Stärkung der technisch-naturwissenschaftlichen Kompetenz ist nur eines der Ziele, die die Region mit ihrem neuen Handlungsplan erreichen möchte. Damit möchten verschiedene Akteure aus Wirtschaft, Bildung und Verwaltung dem Fachkräftemangel begegnen.

Ein wenig absurd wirkt die Diskussion auf den ersten Blick schon: Dass ausgerechnet die Region mit den höchsten Arbeitslosenzahlen in NRW so viel Energie in ein Konzept zur Fachkräftesicherung steckt, sieht zunächst nach blindem Aktionismus aus. Ist es aber nicht. Vielmehr sind sich die Akteure einig, dass vorhanden Potenziale ausgeschöpft werden müssen, auch um die Region wirtschaftlich attraktiver zu machen.

„Wir müssen aus den Stärken unserer Region schöpfen und nicht immer nur schauen, wie wir mit den Schwächen umgehen“, erklärte Landrat Cay Süberkrüb bei der Vorstellung des Handlungsplans, an dem verschiedenste Akteure der Region wie etwa die Fachhochschule, IHK, DGB, Jobcenters, Bildungsbüros und viele mehr mitgewirkt haben. Auch Prof. Dr. Bernd Kriegesmann, Präsident der Fachhochschule ist sich sicher: „Wir haben die Potenziale hier, um die Bedarfe der Zukunft zu decken.“

Viele Migranten arbeiten unterhalb ihrer Qualifikation

Den Handlungsplan angestoßen hat ein Gutachten zur Fachkräfteentwicklung, das die Landesregierung in Auftrag gegeben hat. Mit alarmierenden Ergebnissen: „Laut diesem Gutachten wird NRW in zehn Jahren 630 000 Fachkräfte zu wenig haben“, erklärt Dr. Wilhelm Schäffer, Staatssekretär des Ministeriums für Arbeit, Integration und Soziales. Lücken tun sich in einigen Bereiche schon heute auf, Handlungspläne der Regionen sollen diesen Trend verhindern.

Unausgeschöpfte Beschäftigungspotenzial sehen die Verantwortlichen beispielsweise bei den Frauen, die zwar gut ausgebildet sind, oftmals aber familienbedingt nicht in den Beruf finden oder zurückfinden. Auch bei Menschen mit Migrationshintergrund sei die Erwerbstätigenquote unterdurchschnittlich, viele Migranten arbeiten zudem unterhalb ihrer Qualifikation. Darüber hinaus geht es natürlich um die Qualifikation des Nachwuchses, aber auch um ältere Arbeitnehmer, die mit ihrem Know-how nicht in den Vorruhestand gehören.

Kein Konzept für die Schublade

Neben der Ausschöpfung von Beschäftigungspotenzialen, haben sich die Akteure auf drei weitere „Zielkorridore“ verständigt: Die Stärkung der technisch-naturwissenschaftlichen Kompetenz, die Stärkung der industriellen und handwerklichen Arbeitskultur und die Optimierung der regionalen Abstimmungsprozesse bei der Fachkräftesicherung. Den einzelnen Zielkorridoren sind jeweils Handlungsfelder untergeordnet, denen sich am Ende konkrete Maßnahme zuordnen lassen. Zum Zielkorridor „Ausschöpfung der spezifischen Beschäftigungspotenziale der Region“ etwa gehört das Handlungsfeld „Erwerbstätigkeit ausgewählter Gruppen erhöhen“.

Wie eine konkrete Maßnahme hier aussehen könnte, verrät Sabine Wissmann von der Wirtschaftsförderung Bottrop: „Wenn wir die Erwerbstätigkeit von Frauen fördern wollen, geht es beispielsweise um die Randzeiten in der Kinderbetreuung, die nicht von den Öffnungszeiten der Kitas abgedeckt werden.“ Gerade in diesen konkreten Maßnahmen sieht Wissmann die Tragfähigkeit des Handlungsplans: „Das ist nichts für die Schublade, sondern ein Konzept, das mit konkreten, lebensfähigen Projekten hinterlegt werden kann.“

50 Millionen Euro will die Landesregierung für Maßnahmen NRW-weit zur Verfügung stellen. In der Region soll der Handlungsplan dabei als Basis, eine Art Landkarte fungieren, auf der die einzelne Projekte verordnet werden.