Düsseldorf. 91 Kommunen haben vor dem NRW-Verfassungsgerichtshof in Münster gegen ihre Beteiligung an den finanziellen Lasten der deutschen Einheit geklagt - und Recht bekommen. Profitieren dürften davon alle 400 Kommunen in NRW. Jetzt muss neu verhandelt werden. SPD und Grüne sprechen von einer „Schlappe“ für die schwarz-gelbe Kommunalpolitik.

Die Rechtsvertreter von 91 Städten verließen zufrieden den Verfassungsgerichtshof in Münster. Was sie durchgefochten haben, lässt nicht nur Kämmerer in Dortmund und Oberhausen, Duisburg und Wesel auf Entlastung ihrer klammen Kassen hoffen. Die Richter rügten vor allem die„überdehnte“ Berechnungsmethode des Landes, durch die sich die 91 Kläger-Kommunen benachteiligt sahen. Der Landtag muss ein neues „Einheitslastenabrechnungsgesetz“ beschließen - davon profitieren dürften alle 400 Kommunen in NRW.

Ihre Spitzenverbände kalkulieren, dass durch die vom Land gewählte ungünstigere Bemessungsgrundlage den Städten von 2007 bis 2019, wenn der Solidarpakt ausläuft, zusätzlich zwei Milliarden Euro zu viel entzogen würden. Jetzt muss neu verhandelt werden, doch mit Brosamen wollen sich die Kommunen nicht abspeisen lassen. „Wir warnen vor dem Versuch, das gescheiterte Gesetz mit ein paar kleineren Reparaturen retten zu wollen“, hieß es unisono. In diesem Fall würden sie wieder vor Gericht ziehen.

SPD spricht von "Schlappe" für Schwarz-Gelb

SPD und Grüne hatten im Landtag gegen das Gesetz der Regierung Rüttgers gestimmt – naheliegend, dass sie fünf Tage vor der Landtagswahl das Urteil als „Schlappe“ für die schwarz-gelbe Kommunalpolitik feierten. Innenminister Ralf Jäger (SPD) kündigte an, die Einheitslasten mit den kommunalen Spitzenverbänden neu abzurechnen und „fair“ zu regeln. Er sprach von einer „Klatsche“ für die alte schwarz-gelbe Landesregierung, die das Gesetz 2010 beschlossen hatte.

Aber auch der CDU entging in der Begründung von Gerichtspräsident Michael Bertrams nicht, dass bereits 1996 der damalige SPD-Finanzminister Heinz Schleußer bei der Berechnung der Einheitslasten die Kommunen bei der Umsatzsteuer benachteiligt habe. Allerdings hielten sich CDU und FDP an diese „Systematik“, als sie 2010 ihr eigenes Gesetz machten.

Das Gesetz widerspreche Vorgaben des Bundesrechts und sei deshalb „unvereinbar und nichtig“, stellte Bertrams fest. Die Kommunen fordern nun eine Rückkehr zu dem bis 2006 gültigen Verfahren. Bis dahin rechnete das Land mit ihnen auf der Basis harter Zahlen ab und hantierte nicht – wie danach – mit Pauschalen, die aus Sicht der Städte „künstliche“ Einheitslasten erzeugt hätten.

Schon bei der mündlichen Verhandlung Mitte April hatte der Verfassungsgerichtshof angedeutet, dass er eher der Argumentation der Kommunen folgen werde. (mit dapd)