Berlin. . Gut zwei Jahre bleiben der Bundeswehr, um 4400 Soldaten, mindestens 1200 geschützte Fahrzeuge und allerhand Material aus Afghanistan zurück nach Deutschland zu bringen. Der Abzug birgt militärisch wie politisch Risiken – und ist auch logistisch eine Herausforderung.

Der Rückzug aus Afghanistan birgt militärisch wie politisch Risiken. Bei ihrem letzten Truppenbesuch machte Kanzlerin Angela Merkel (CDU) daraus keinen Hehl: Sie könne noch nicht sagen, ob man das bis 2013/2014 schaffe. Merkel hatte dabei die Sicherheit im Auge und weniger den Umzug selbst. Indes wird auch logistisch der Truppe viel abverlangt – ein gigantisches Unternehmen. Die Zahlen vermitteln einen Eindruck: 40 Nationen, 130 000 Soldaten, 4800 allein von der Bundeswehr, 70 000 Fahrzeuge, 120 000 Container.

Ein Großteil davon wird über den Norden transportiert. Dort ist die Bundeswehr gefordert. Faktisch wird ihr Feldlager in Masar-i-Sharif zum Drehkreuz für viele andere Truppensteller. Wie Generalinspekteur Volker Wieker unlängst andeutete, wird man deshalb „vorübergehend die logistischen Anteile verstärken“. Wieker wird wohl mehr, auf jeden Fall andere Soldaten brauchen: Logistik-Experten.

Längst wird in Berlin diskutiert, ob der Bundestag nicht eigens dafür ein Mandat verabschieden sollte. In Vergessenheit gerät eine andere Frage: Was wird aus den zivilen Beschäftigten der Bundeswehr? Nur wenige Abgeordnete diskutieren darüber – meist hinter vorgehaltener Hand. Es geht um 1500 bis 2000 Afghanen. Einheimische, „die für Ungläubige gearbeitet haben“.

Teures Unterfangen

Die Frage ist, ob sie ihrem Schicksal überlassen werden, ob man für sie neue Aufgaben am Hindukusch (immerhin bleiben Ausbilder und Helfer) findet oder sie in Deutschland aufnimmt. Mit den jeweiligen Familien könnten es mehrere Tausend Menschen sein. Die USA etwa wollen alle ihre Übersetzer aufnehmen.

Der Bundeswehr bleiben gut zwei Jahre, um 4400 Soldaten, mindestens 1200 geschützte Fahrzeuge – Räumgerät, Geländewagen, Schützenpanzer – und sonstiges Material wie Waffen und Munition nach Deutschland zu verlegen.

Es wird erfasst und kategorisiert, später in schätzungsweise 6000 Containern verpackt und transportiert. Drei ukrainische Großflugzeuge wurden dafür eigens gechartet. Kosten pro Flug: 250 000 bis 300 000 Euro.

Bedrohung durch Taliban

Da ist es klar, dass der größte Teil billiger per Lastwagen und über eine Bahnverbindung abgezogen wird. Da Pakistan seine Landgrenze geschlossen hat, wird fast alles über den Norden abgewickelt. Dort sind 17 bis 21 Nationen aktiv – das variiert ein wenig –, vor allem Amerikaner und Deutsche.

Es gibt zwei Straßenrouten, eine über Tadschikistan, eine über Usbekistan. Einige Partner, so etwa die Briten, haben bereits vorgefühlt, ob die Bundeswehr beim Umzug hilft. Der muss akribisch koordiniert werden. Als er Afghanistan besuchte, warnte Verteidigungsminister Thomas de Maiziére: „Es kann nicht sein, dass jeder für sich entscheidet, wann er welche Lastwagen über die Straße schickt.“

Nicht klar ist, wie viele Soldaten als Ausbilder und wiederum wie viel Kampftruppen zu ihrem Schutz im Land bleiben werden; und ganz generell, wie groß die Bedrohung durch Taliban sein wird. Abtransportiert wird, was für militärische Aktionen nicht gebraucht wird. Die Logistik folgt dem Einsatz, nicht umgekehrt.

Eine riskante Reise

Wie lange sich der Umzug hinziehen wird, ist offen, ebenso die Kosten. Ein Zug kann 66 Container transportieren und die Reise dauert mindestens sechs Wochen. Es wird mühsam, langwierig und auch riskant.

Die Transporte müssen vor Angriffen geschützt, Straßen auf Sprengfallen und Minen überprüft werden. Neben den Sprengfallen sind schon heute Innentäter die größte Bedrohung für die ausländischen Truppen. Auch deswegen, aus eigenem Interesse, muss man sich um die bisherigen zivilen Mitarbeiter kümmern. Sie sind vielfach gut ausgebildet, kennen sich in der Bundeswehr aus und wären – einmal sich selbst überlassen – für die Taliban ansprechbar. Jedenfalls muss man die Möglichkeit in Betracht ziehen.