Saarbrücken. . Die Wähler im kleinsten Flächenland der Republik sehen in der Großen Koalition das beste Mittel gegen die Krise des Landes. Die CDU-Spitzenfrau hat ihr riskantes Spiel gewonnen. Die SPD hat ihr Ziel verfehlt, kann nach zwölf Jahren in der Opposition aber wieder mitregieren.

„Eine Große ­Koalition ist ein Albtraum“, sagt Christian Ude, der sozialdemokratische Spitzenkan­didat bei der Bayern-Wahl im Jahr 2013. Doch was die Politik im reichen Bayern und auch im restlichen Deutschland verabscheut, das sehen die Wähler im armen Saarland als einzigen Ausweg.

CDU und SPD im südwestlichsten Zipfel der Republik haben sich weit vor der Landtagswahl die Treue geschworen.

Der Wähler hatte nur zu entscheiden, ob der Sozial­demokrat Heiko Maas Ministerpräsident sein soll oder die CDU-Frau Annegret Kramp-Karrenbauer. Die Saarländer haben klar für Kramp-Karrenbauer entschieden.

Riskantes Manöver

Die drei­fache Mutter, die mit einem riskanten Manöver im Februar ein schwarz-gelb-grünes Bündnis platzen ließ und damit zum Missfallen ihrer Kanzlerin die Neuwahl auslöste, soll als Regierungschefin weitermachen.

Dass sie hier so ticken, hat Gründe: Das eine Million Einwohner kleine Saarland ist Schlusslicht unter den West-Ländern. Die Löhne liegen 20 Prozent unterm Bundesdurchschnitt, die Arbeitslosigkeit darüber. Die Geburtenrate ist die geringste im Bundesgebiet.

Es gibt zwölf Milliarden Euro Landesschulden, und weil 2020 der Schuldenstopp einzuhalten ist, geht es für das Saarland um die Existenz. Ein großer Südweststaat könnte am Ende drohen. Dieses Szenario sei nur durch eine gewaltige Sparorgie und die große Koalition zu verhindern, ­erklärten Kramp-Karrenbauer und Maas seither auf jedem Markt und in jeder Stadthalle.

Die CDU-Wähler haben die Ansage goutiert. Die Partei hat nach 34,5 Prozent 2009 den Anteil halten können.

Heiko Maas muss den Traum vom Chefposten begraben

Die SPD-Anhängerschaft aber, Großen Koalitionen eher abgeneigt, verweigerte Maas zum dritten Mal den Chefposten: Fünf Prozentpunkte mehr – das ist viel, aber weniger als erhofft. Ein ärgerliches Raunen ging durch die Kongresshalle, wo die SPD feiern wollte und dann nicht konnte. Ihr Generalsekretär beruhigte: Man werde doch mitregieren. Nach zwölf Jahren wieder. Endlich.

Es gibt im ersten Stimmungstest in diesem Landtagswahl-Jahr zwei Sieger – neben der CDU die Piraten, die nach Berlin zum zweiten Mal den Einzug in ein Landesparlament schaffen. Als Protest­bewegung wildert sie in der Wählerschaft anderer kleinerer Parteien. Vor allem in der heillos zerstrittenen FDP von Oliver Luksics, die 2009 im Höhenrausch noch 9,2 Prozent ­holen konnte. Heute sind die Liberalen fast vernichtet.

Die Linke wollte Rot-Rot. Auch sie bekam ein kräftiges Minus. Das „starke Signal“, das Gregor Gysi von der Saar für die Wahlen in Kiel und NRW erwartete, gab es nicht. Zwar wäre Rot-Rot hauchdünn möglich, der Sozialdemokrat Ottmar Schreiner hat das aber weggewischt: „Die SPD steht für Verlässlichkeit.“

Erfolgsserie gerissen

Die Piraten brachten letztlich auch die Grünen ins Schaukeln, die seit 2009 den gewagten Jamaika-Poker des damaligen CDU-Chefs Peter Müller mitgespielt hatten. Fünf Prozent – damit ist die bundesweite Erfolgs­serie erstmals gerissen.

Die außerhalb des Saarlandes nur wenig bekannte Annegret Kramp-Karrenbauer, die seit 2000 im Landeskabinett die unterschiedlichsten Funktionen hatte, ging am Abend spät ins ehemalige Stahlwerk, wo die CDU beim Bier feierte die Lehrerstochter aus Püttlingen hatte die Hochrechnungen in der Familie abgewartet.

Keine Angst vor Herausforderungen

Sie sandte freundliche Worte an den umworbenen Koalitionspartner („…lade Heiko Maas herzlich ein“), signalisierte, dass sie auch über wichtige sozialpolitische Wünsche der SPD reden wolle – und ­bestätigte ihre Fans in der wichtigsten Erwartung: dass sie eine starke Regierungs­chefin mit wenig Angst vor ­Herausforderungen sein wird.

„Eisern durchgezogen“ habe sie das Ende von Jamaika, hatte auch Kanzlerin Angela Merkel noch am Freitag in ­Dillingen bestätigt. „Ob ich da ein bisschen gemault habe, das war völlig egal.“