Berlin. . NPD-Verbot, Integration, Anti-Terror-Kampf, Streit um die Vorratsdaten, Tarifrunde im öffentlichen Dienst: Nichts geht in diesen Tagen ohne oder gar gegen Hans-Peter Friedrich (CSU). Im Interview geht der Innenminister auch auf die Debatte über den Solidarpakt Ost ein und kritisierte NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft.

Herr Minister, Sie wirken beim NPD-Verbot zögerlich.

Hans-Peter Friedrich: Das Abwägen ist meine Aufgabe als Verfassungsminister. Für mich ist die NPD ganz ohne Frage eine unappetitliche Partei. Aber das Grundgesetz sieht eben auch vor, dass wir Meinungen aushalten müssen, die gegen die Freiheit sind.

Wäre nicht der Verzicht auf ein Verbot ein Sieg für die NPD?

Friedrich: Ein Scheitern einer Klage vor dem Bundesverfassungsgericht wäre schlechter. Aber allein die Debatte über ein Verbot wirkt: Die NPD-Führung gibt sich handzahm. Und viele in der Szene wenden sich enttäuscht ab, weil ihnen die NPD nicht radikal genug ist.

Erst der Anschlag auf dem Frankfurter Flughafen, ein Jahr später der Attentäter von Toulouse. Gibt es dagegen keinen Schutz?

Friedrich: Eine neue Herausforderung, ohne Frage. Diese Terroristen kommen nicht von irgendwo her, sondern wachsen in unserer Mitte auf und radikalisieren sich selbst. Es sind „homegrown terrorists“.

Also hausgemachter Terrorismus?

Friedrich: Aber wir verfolgen eine Abwehrstrategie. Als Antwort auf den furchtbaren Anschlag am Frankfurter Flughafen habe ich eine Sicherheitspartnerschaft mit den muslimischen Verbänden ins Leben gerufen. Denn wir sind auf das soziale Umfeld angewiesen. Dort, in Familien, Sportvereinen, Moscheegemeinden kann ein Abdriften in den Islamismus Einzelner frühzeitig erkannt werden. Dort kann überzeugender dagegen argumentiert werden als durch staatliche Behörden. Um das soziale Umfeld von jungen Menschen, die dabei sind sich zu radikalisieren, zu unterstützen, haben wir ein Beratungstelefon geschaltet. Daneben informieren wir zum Thema Radikalisierung mit einer Homepage, wir brauchen eine Vertrauensbasis.

Die Muslime sind auf Sie nicht gut zu sprechen.

Friedrich: Woraus schließen Sie das? Mein Verhältnis zu den Verbänden ist gut. Der ganze Integrationsprozess findet vor Ort statt. Was sich dort aufbaut, macht Mut. Und ich halte es mir zu Gute, dass wir auch über Dinge sprechen, die nicht angenehm sind.

Wie Ihre Studie über Muslime. Haben Sie die falsch vermittelt?

Friedrich: Solche Studien sind komplex und verdienen eine differenzierte Analyse. In der Medienwelt bleiben plakative Sätze übrig. Es ist manchmal Zufall, ob sie mit einer positiven oder einer negativen Botschaft rüberkommen.

Wann waren Sie eigentlich zuletzt im Ruhrgebiet?

Friedrich: Das ist länger her.

Die Städte fühlen sich vernachlässigt. Zeit, den Solidarpakt Ost zu kündigen?

Friedrich: Nein! Die Verträge gelten und werden eingehalten. Übrigens sinken die Ausgaben im Solidarpakt jährlich, und 2019 läuft er aus. Auch wenn zweifellos in den alten Ländern Unterstützung notwendig ist, ist die Wirtschaftskraft im Osten noch deutlich niedriger, die Arbeitslosenquote höher als im Westen. Aber wir müssen daneben auch überlegen, wie wir strukturschwache Gebiete noch besser fördern, im Westen wie im Osten.

Jetzt ist der Westen dran, sagt Hannelore Kraft.

Friedrich: Da lenkt Frau Kraft von ihrer eigenen Verantwortung ab. Sie fragt nie, wo das Geld herkommen soll. Im Zweifel macht sie Schulden. Das mag im Wahlkampf flott rüberkommen, ­ignoriert aber die Realitäten. Ihre Aufgabe wäre es, die Städte im Ruhrgebiet zu unterstützen.

Zumindest weiß sie, wo ihr Platz ist. Raten Sie dem Chef der NRW-CDU, Norbert Röttgen, nach Düsseldorf zu gehen?

Friedrich: Norbert Röttgen ist ein überzeugter Rheinländer, der sich auf seine Aufgabe als Ministerpräsident freut.

Würde ein CSU-Spitzenkandidat offen lassen, ob er nach München geht?

Friedrich: Ein CSU-Politiker beschäftigt sich immer mit der Regierungsaufgabe, nicht mit der Oppositionsrolle.