Essen. Norbert Röttgen will sich durch die Aussicht auf eine Karriere als Oppositionschef in Düsseldorf seine ehrgeizigen Ambitionen nicht versauen lassen. Dabei läuft er durch sein Herumeiern Gefahr, genau so zu scheitern, wie es Norbert Blüm 1990 tat. Ein Kommentar von Ulrich Reitz.
Vieles läuft für Norbert Röttgen dumm. Die Bundesversammlung zum Beispiel. Dort wird nicht nur der Bundespräsident gewählt. Wer dort ist, nutzt die Chance, mit dem (Partei)freund mal ausgiebig zu reden. Über Nordrhein-Westfalen zum Beispiel. Und die Neuwahl. Und eben über Norbert Röttgen.
Auf der Bundesversammlung fand sich nun aber wiederum niemand von Rang, der Verständnis dafür hat, was der CDU-Herausforderer von Amtsinhaberin Hannelore Kraft plant, nämlich offen zu halten, ob er für Berlin steht oder für Düsseldorf. Die Hessen und die Baden-Württemberger, die Schleswig-Holsteiner und der ganze Rest: Man war sich einig, dass dieses Eiern der direkte Weg in die Katastrophe ist.
Norbert Röttgen will sich die Ambitionen nicht versauen lassen
Röttgen will sich durch die Aussicht auf eine Karriere als Oppositionschef in Düsseldorf seine ehrgeizigen Ambitionen nicht versauen lassen, dereinst Angela Merkel zu beerben. Nach allem, was man so hört aus der CDU, kann er das jetzt schon vergessen. Würden die Schwarzen jetzt ihre Parteispitze neu wählen, Röttgen könnte nicht einmal davon träumen, noch einmal das beste Stellvertreter-Ergebnis zu holen.
Der Spitzenmann hat sich verspekuliert als er glaubte, sein Taktieren werde für ihn selbst folgenlos bleiben. Er hat die simple Volksweisheit verdrängt: In Gefahr und großer Not, bringt der Mittelweg den Tod.
Norbert Röttgen läuft Gefahr, wie Norbert Blüm zu scheitern
Weshalb ist es so wichtig, dass jemand einen politischen Spitzenjob - übrigens ist auch Oppositionsführer ein Spitzenjob - schon von der Bezahlung her (doppelte Diät), mit ganzer Leidenschaft angeht? Weil das eine Selbstverständlichkeit ist. Weil, wer dagegen verstößt, verliert.
Norbert Blüm hatte die Wahl 1990 in dem Moment verloren, als er ankündigte, in jedem Fall Arbeitsminister bleiben zu wollen. Weil in der Politik vor allem Glaubwürdigkeit zählt, gerade in diesen Zeiten, in denen alle Welt Parteipolitikern nachsagt, die dächten nur an sich.
Wenn er nicht Oppositionschef werden will, braucht Röttgen gar nicht erst anzutreten
Weil, wer die Karriere über die Erwartungen der Partei stellt, ohne die er nicht wäre, wo er ist, von bürgerlichen Werten wie Verlässlichkeit etwa, nicht mehr reden kann. Und schließlich, weil man bei der FDP studieren kann, wie man es macht. Landeschef Bahr entscheidet, dass er lieber Gesundheitsminister in Berlin bleibt, und ein anderer, Lindner, wird Spitzenkandidat. So könnte Röttgen sich ja auch entscheiden.
Fazit: Am 19. August 2010 sagte Röttgen in der WAZ, er stehe auch als Oppositionschef zur Verfügung. Sagt er heute etwas anderes, braucht er gar nicht erst anzutreten.