Berlin/Washington. . Im Vergleich zu Ex-Soldaten in USA genießen deutsche Heimkehrer nach dem Einsatz wenig Ansehen in der Gesellschaft. Jetzt macht sich Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) für einen Ehrentag für die Veteranen stark. Das Echo auf diesen Vorstoß ist bisher eher zurückhaltend.
Über 300.000 Frauen und Männer waren seit 1992 für die Bundeswehr im Auslandseinsatz. Nach ihrer Rückkehr seien sie oft „auf sich allein gestellt“, beklagt der Wehrbeauftragte Hellmut Königshaus (FDP). Sie müssten sich vieles erkämpfen, was selbstverständlich sein müsste: Konkrete Hilfe – und vor allem gesellschaftliche Anerkennung. „Wir haben uns bisher davor gedrückt“, räumt Thomas de Maizière (CDU) ein. Am 27.. März trifft der Verteidigungsminister Veteranen. Bis Jahresende will er ein Konzept vorlegen. „Es ist überfällig“, weiß de Maizière.
Seine Ehefrau Martina will sich für Bundeswehr-Soldaten engagieren, die mit posttraumatischen Störungen aus dem Krieg in Afghanistan oder aus anderen Einsätzen zurückkehren. In Dresden betreibt sie eine sozialpädagogische Praxis. Zuletzt hat sie sich in den USA darüber informiert, wie dort die Veteranen betreut werden, vor allem jene, die verletzt heimkommen.
22 Millionen Veteranen in den USA
Ein Kontrastprogramm: In den USA sind die 22 Millionen Veteranen aus dem öffentlichen Leben nicht wegzudenken. Sie haben sogar ein eigenes Ministerium, Budget: 140 Milliarden Dollar im Jahr. Am „Veterans Day“ im November wird offiziell all jener gedacht, die für Amerika eine Militäruniform angezogen haben, an vorderster Front oder in der Schreibstube. Beim letzten Mal war Präsident Barack Obama zu Gast bei einem Basketball-Spiel auf dem Flugzeugträger „USS Carl Vinson“. Erst Ende Februar waren Irak-Veteranen zu einem feierlichen Abendessen ins Weiße Haus eingeladen. Vor allem Obamas Frau Michelle nutzt jede Gelegenheit, um die gesellschaftliche Anerkennung der Veteranen zu stärken.
Vergleiche jedoch hinken. Hierzulande greift das Sozialsystem. In den USA muss die Betreuung eigens organisiert werden. Veteranen haben ein günstigeres Gesundheitssystem mit rund 150 Kliniken und weiteren 300 Service-Zentralen.
Und doch warten noch 800.000 frühere GIs auf Anerkennung ihrer Kriegsbeschädigungen, darunter Tausende Vietnam-Veteranen, die dort mit dem Entlaubungsmittel „Agent Orange“ in Berührung kamen. Bei der Wiedereingliederung tun sich viele schwer. So liegt die Arbeitslosenquote bei zwölf Prozent – vier Punkte höher als der Durchschnitt. Da viele Amerikaner ohne Ausbildung zur Armee gehen, haben sie es auf dem Arbeitsmarkt schwer. Geplant sind staatlich geförderte Programme. Laut Pentagon streben bis 2017 eine Million Veteranen auf den Arbeitsmarkt. Viele entziehen sich der Rückkehr ins normale Leben auf tragische Weise. Laut Statistik bringen sich jedes Jahr 6500 Veteranen um. Und fast jeder dritte Rückkehrer leidet an einer posttraumatischen Störung.
Ehrentag stößt nicht auf Begeisterung
Just auf seiner letzten USA-Reise schlug Verteidigungsminister de Maizière einen Veteranentag für Deutschland vor, womöglich am Volkstrauertag. Es war schon der zweite Versuch, eine Debatte anzuzetteln. Erstmals hatte er im September 2011 im Bundestag von „Veteranen“ gesprochen. Beide Male war das Echo verhalten. Volkstrauertag – geht gar nicht. Königshaus schlug den 2. April vor. Am 2. April 2010 war eine Bundeswehr-Patrouille bei Kundus von Taliban angegriffen worden. Drei Soldaten starben. „Das war der Moment, wo die deutsche Öffentlichkeit auf dieses Thema reagiert hat“, sagt Königshaus.
De Maizière meint, dass die Zeit reif sei für ein Veteranenkonzept. Man muss nicht unwillkürlich an den Zweiten Weltkrieg denken. Eine neue „Generation Einsatz“ hat er im Auge, 30-, 40-Jährige, die nach der Deutschen Einheit weltweit eingesetzt wurden, in Afghanistan seit zehn Jahren.
Aber in Berlin lässt sich eine Debatte nur zögerlich an. Ein Veteranentag müsse „von unten kommen“, geben die Grünen zu bedenken. Die Linke warf dem Minister vor, die Militarisierung der Gesellschaft zu betreiben. SPD-Wehrexperte Rainer Arnold weiß nicht, ob ein Ehrentag „eine hohe Priorität hat, eher nicht“, sagte er der WAZ. Konkrete Hilfen wären ihm wichtiger.
Höhere Entschädigung für Verwundete
An den Taten wird auch der deutsche Veteranenverband den Minister messen. Auf Kritik stößt dort ein Passus in de Maizières Reformbegleitgesetz. Bisher erhalten Soldaten, die nach einem Einsatz zu 50 Prozent nicht erwerbsfähig sind, eine einmalige Entschädigung von 80.000 Euro. Der Minister will sie fast verdoppeln auf 150.000 Euro, sogar nachträglich für alle, die nach dem 1. Dezember 2002 schwer verwundet worden sind. Ein „sehr wichtiger Schritt“, so der Wehrbeauftragte. Offenbar hat man dabei nur die Soldaten am Hindukusch im Auge, weniger all jene, die ab 1992 im Einsatz waren, in Somalia, im Kosovo. Sie werden formal benachteiligt – und dagegen ankämpfen müssen. Veteranenschicksal.