Kandahar/Kabul. Der US-Soldat, der am Sonntag in Afghanistan 16 Zivilisten erschossen hat, litt an einer Hirnverletzung. Diese hatte sich der 38-Jährige 2010 im Irak zugezogen. US-Verteidigungsminister Leon Panetta schloss die Todesstrafe für den Mann nicht aus. Die Taliban drohen derweil weiter mit Racheakten.

Der des Mordes an 16 afghanischen Zivilpersonen beschuldigte US-Soldat war offenbar ein ausgebildeter Scharfschütze und hatte im Irak eine Kopfverletzung erlitten. Der Name des 38-jährigen zweifachen Vaters wurde bislang nicht mitgeteilt. Bei seinem letzten Einsatz im Irak habe er bei einem Autounfall eine Kopfverletzung erlitten, verlautete am Montag aus Militärkreisen. Wie schwer die Verletzung war und ob sie möglicherweise etwas mit dem Amoklauf am Sonntag zu tun hatte, blieb zunächst unklar. Der Unfall habe sich nicht in einer Kampfsituation zugetragen, hieß es.

Der Soldat diente bereits seit elf Jahren in den US-Streitkräften und nahm an drei Einsätzen im Irak teil. Nach Angaben des Pentagons nehmen Ermittler derzeit seine Personalakte und seine Krankengeschichte unter die Lupe. Der Name werde erst mit Klageerhebung bekannt gegeben, hieß es.

USA wollen an Militärstrategie für Afghanistan festhalten

Für den Fall eines Prozesses schließt US-Verteidigungsminister Leon Panetta unterdessen die Todesstrafe nicht aus. "Nach meinem Verständnis könnte das unter diesen Umständen infrage kommen", sagte Panetta am Montag vor Journalisten. Er machte zugleich deutlich, dass die Tötungen die Afghanistan-Pläne der US-Regierung nicht durchkreuzen würden. "Wir können nicht zulassen, dass diese Ereignisse unsere Strategie oder die Mission untergraben, die wir haben", sagte er an Bord eines US-Militärflugzeugs auf einem Flug nach Kirgisistan.

Am Sonntag hatte ein US-Soldat in der südafghanischen Provinz Kandahar bei einem mutmaßlichen Amoklauf 16 Dorfbewohner erschossen. Augenzeugen hatten zunächst von mehreren Angreifern berichtet. Dagegen sprachen Vertreter der US-Botschaft und der Nato von einem Einzeltäter, bei dem es sich um einen verheirateten Vater von drei Kindern handeln soll.

Studenten fordern bei Protesten öffentlichen Prozess

Panetta beschrieb die Tötungen als isolierten Exzess eines Einzeltäters. Über dessen Motive herrsche weiter Unklarheit. "Das sind schreckliche Ereignisse", sagte der Minister. Doch in Kriegen werde es immer wieder zu derartigen Fällen kommen. Auch US-Präsident Barack Obama betonte in einem TV-Interview: "Es sieht so aus, als ob es sich um einen einzelnen Amokschützen handelt, der auf eigene Faust handelte."

Im Osten Afghanistans haben am Dienstag Hunderte Studenten die erste größere Protestkundgebung nach dem Amoklauf abgehalten. Die Studenten machten ihrem Unmut in Sprechchören Luft. Bei ihrem Protest in der Stadt Dschalalabad trugen sie auch Banner, auf denen sie einen öffentlichen Prozess gegen den mutmaßlichen Täter forderten. Einige Demonstranten bauten eine Puppe, die US-Präsident Barack Obama darstellen sollte, und die sie verbrennen wollten.

Die radikalislamischen Taliban drohten erneut mit Racheakten. Sie warnten "die amerikanischen Tiere, dass die Mudschahedin Rache üben, und mit Allahs Hilfe eure sadistischen mörderischen Soldaten töten und enthaupten werden", hieß es am Dienstag in einer Erklärung des Taliban-Sprechers Sabihullah Mudschahid, die per E-Mail verbreitet wurde. (dapd/rtr)