Berlin. . Am Donnerstag soll der zurückgetretene Bundespräsident Christian Wulff mit einem Großen Zapfenstreich offiziell verabschiedet werden. Doch in Berlin winden sich die Politiker: Gehst Du hin?, lautet eine der am meisten gestellten Fragen in diesen Tagen.
Wie hältst du es mit dem Großen Zapfenstreich? Gehst du hin? So lautet in Berlin vor dem Abschied von Christian Wulff am Donnerstag die Gretchenfrage.
Etwa für Peter Altmaier, Unions-Fraktionsgeschäftsführer. Er sagt: „Wenn ich jetzt sage, ich gehe hin, und ich habe keine Einladung, bin ich blamiert.“ Würde er denn einer Einladung folgen? Altmaier greift zum Terminkalender. Donnerstag um 18 Uhr muss er irgendwo im Osten Berlins über Netzpolitik und soziale Fragen referieren. Die Zeremonie vor dem Bellevue beginnt um 19 Uhr. Mal sehen.
Auch SPD-Fraktionsvize Joachim Poß windet sich. Am Vortag hieß es, er werde in Vertretung Frank-Walter Steinmeiers teilnehmen, Poß dementiert entrüstet.
Wer ist überhaupt dabei, wenn Wulff seinen Abschied nimmt? Die Fraktionsspitzen im Bundestag zählen ohnehin nicht zum Kreis der rund 200 Geladenen. Kanzlerin, Verteidigungsminister, die Präsidenten von Bundestag und Bundesrat, Vertreter des Diplomatischen Korps, Freunde und Weggefährten Wulffs: Auf dem Rasen des Bellevue werden die Zivilisten gegenüber den 300 im Fackelschein aufmarschierenden Soldaten in der Minderheit sein.
Kein Vorgänger dabei
Die Gästeliste eines Zapfenstreichs ist normalerweise von untergeordnetem Interesse. Dass bei Horst Köhlers Verabschiedung nur einer seiner Amtsvorgänger zugegen war, war kein Thema. Dass am Donnerstag keiner der Altpräsidenten dabei sein wird, gilt als Makel für Wulff. SPD-Mann Steinmeier riet Wulff sogar, den Zapfenstreich abzublasen. Er glaube nicht, dass die Veranstaltung noch einigermaßen würdevoll über die Bühne gehen könne, sagte er. Und der bayerische FDP-Abgeordnete Erwin Lotter forderte eine Verschiebung der Zeremonie.
Normalerweise interessiert es auch nicht, unter welchen Umständen einer aus dem Amt geschieden ist. Selbstverständlich hat der Abschreiber Karl-Theodor zu Guttenberg einen Zapfenstreich bekommen. Als Verteidigungsminister stand ihm das zu. Ebenso wie jedem Kanzler und jedem Bundespräsidenten: eine Dreiviertelstunde Wunschkonzert und Schingderassa.
Der Zapfenstreich ist der höchste Ehrerweis, den die Bundeswehr einem Zivilisten zu bieten hat. Einzig der „Bürgerpräsident“ Gustav Heinemann (SPD), der zum Militär ein unterkühltes Verhältnis pflegte, verbat sich 1974 den Zapfenstreich – und lud lieber zu einer Bootsfahrt auf dem Rhein ein.