Moskau. Wahlbeobachter hatten bereits während der Wahl am Sonntag Unregelmäßigkeiten bei der Präsidentschaftswahl in Russland beanstandet. Auch die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) kritisiert die Wahlen. In jedem dritten Wahllokal habe es Unstimmigkeiten gegeben.
Bei der Stimmauszählung zur Präsidentschaftswahl in Russland hat es nach Einschätzung der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) in jedem dritten Wahllokal Unstimmigkeiten gegeben. Die Auszählung sei in einem Drittel der Wahllokale "schlecht" verlaufen, teilte die OSZE am Montag in Moskau mit. Bereits während des Urnengangs waren von Wahlbeobachtern massive Betrugsvorwürfe erhoben worden.
Die Beobachtermission der OSZE hat bei der Präsidentenwahl "ernsthafte Probleme" festgestellt. Missionschef Tonino Picula erklärte am Montag in einer Stellungnahme, es habe keinen echten Wettbewerb gegeben. Durch den Missbrauch von Regierungsmitteln sei sichergestellt worden, dass es am endgültigen Sieger niemals einen Zweifel gegeben habe.
Der bisherige Regierungschef Wladimir Putin hatte bei der Wahl am Sonntag nach Angaben der Wahlkommission fast 64 Prozent der Stimmen erhalten. Seine vier Herausforderer landeten weit abgeschlagen bei unter 20 Prozent. Putin will im Mai seine dritte Amtszeit als Präsident antreten.
Fälschungsvorwürfe bereits bei Parlamentswahlen
Am Sonntag waren tausende Verstöße gegen das Wahlrecht gemeldet worden. Bis zum Abend wurden allein auf der von der Opposition eingerichteten Internetseite control2012.ru 5758 Verstöße registriert. Sie verzeichnete insbesondere 131 Fälle, in denen Urnen mit gefälschten Stimmzetteln gefüllt wurden, sowie 327 Fälle, in denen große Gruppen von Wählern zur Abstimmung gebracht wurden. Die Wahlkommission wies die Vorwürfe der Manipulation zurück.
Bereits die Parlamentswahlen im Dezember, bei der Putins Partei Einiges Russland die absolute Mehrheit gewann, waren von zahlreichen Fälschungsvorwürfen überschattet worden. Seither bildete sich eine beispiellose Protestbewegung gegen die russische Führung.
Auch am Montag wollten in Moskau wieder zehntausende Menschen für ein "Russland ohne Putin" auf die Straßen gehen. Die Behörden haben sich für neue Massenproteste gewappnet. Rund 12.000 Polizisten und Soldaten sollten am Montag in Moskau im Einsatz sein, wie die Nachrichtenagentur ITAR-Tass unter Berufung auf das Innenministerium meldete.
Russland ist ein strategischer Partner für Deutschland
Die Bundesregierung hat die Rahmenbedingungen der Präsidentenwahl in Russland kritisiert. Regierungssprecher Steffen Seibert sagte am Montag in Berlin, die "Umstände" hätten in vielem nicht dem entsprochen, "was wir aus anderen Teilen Europas kennen". Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) wollte demnach wenig später mit dem designierten Präsidenten Wladimir Putin telefonieren, um ihm "Erfolg" zu wünschen. Zu dessen "großen Aufgaben" gehöre die Modernisierung des Landes, die nicht nur eine wirtschaftlich-technische, sondern auch eine politisch-gesellschaftliche sein müsse.
Zugleich bekräftigte Seibert, dass Russland ein strategischer Partner für Deutschland sei. Viele internationale Probleme könnten nur gemeinsam mit Russland gelöst werden. Das drängendste dieser Probleme sei Syrien, sagte Seibert. Auch dieses Thema werde demnach bei dem Gespräch der Kanzlerin mit Putin eine Rolle spielen.
EU-Parlament kritisiert Ablauf der Wahl
Der Präsident des EU-Parlaments, Martin Schulz, hat den Ablauf der Präsidentenwahl in Russland kritisiert. Es seien sicher "keine normalen demokratischen Wahlen nach westlichem Standard" gewesen, sagte der SPD-Politiker am Montag dem Fernsehsender N24. Russlands künftiger Präsident Wladimir Putin habe die Mehrheit der Bevölkerung zwar hinter sich, sagte Schulz. Doch tragende Säulen der Gesellschaft - wie Akteure aus Wirtschaft, Kultur, Verwaltung und auch der Industrie - stünden nicht mehr zu ihm.
Die staatlichen Medien in Syrien feiern den Sieg von Wladimir Putin bei der Präsidentschaftswahl in Russland. Die Tageszeitung "Tischrin" titelte am Montag: "Russland bringt den starken Mann zurück in den Kreml". In einem Kommentar hieß es, Putin werde die internationalen Beziehungen neu gestalten und die Interessen und die Einheit anderer Länder respektieren. Er werde sich auch nicht in die inneren Angelegenheiten anderer Staaten einmischen. Russland verhindert zusammen mit China eine Syrien-Resolution. (afp, dapd)