Brüssel. . Muss der Rettungsschirm für notleidende Euro-Länder aufgestockt werden? Auf dem EU-Gipfel wollte Bundeskanzlerin Angela Merkel das Thema unbedingt vermeiden. Doch die Debatte köchelt weiter.
Griechenland kann vorerst aufatmen: Die EU-Partner zeigten sich in Brüssel zufrieden mit den massiven jüngsten Reform- und Spar-Anstrengungen des pleitebedrohten Staates. Diese Bemühungen waren eine Vorbedingung für das zweite, 130 Milliarden Euro schwere Notkredite-Paket. „Die Sache läuft“, sagte Eurogruppe-Chef Jean-Claude Juncker.
Der EU-Gipfel bestellte den Belgier Herman Van Rompuy für weitere zweieinhalb Jahre zu seinem Vorsitzenden und zum Chef der neuen Spitzentreffen der Euro-Länder. Außerdem wurde Serbien zum offiziellen EU-Beitrittskandidaten ernannt.
Für die Griechen hängt nun alles vom geplanten drastischen Schuldenerlass ab, der bis Mitte März beendet sein soll. Private Gläubiger sollen dem Staat bis dahin insgesamt 107 Milliarden Euro Schulden erlassen. Klappt das, ist der Weg für das zweite Hilfspaket frei. Insgesamt hat Griechenland derzeit Schulden von rund 350 Milliarden Euro.
Anschub für die Wirtschaft
Unterdessen köchelt die Debatte um einen größeren Nottopf für klamme Euro-Länder angesichts der Staatsschuldenkrise weiter. Eine Entscheidung über die von zahlreichen EU-Staaten verlangte Aufstockung des Euro-Rettungsfonds war aber auf Druck von Kanzlerin Angela Merkel von der Tagesordnung des Brüsseler EU-Gipfels genommen und auf einen späteren Zeitpunkt verschoben worden. Statt dessen erörterten die Staats- und Regierungschefs, wie die Politik die schwächelnde Wirtschaft beflügeln kann, ohne neue Konjunkturpakete zu schnüren.
Der Präsident des Europäischen Parlaments Martin Schulz verlangte von den Gipfel-Teilnehmern in diesem Zusammenhang, auf die geplante Kürzung der EU-Mittel zu verzichten. „Man kann die Wachstumsziele nicht erreichen, indem man den Haushalt kürzt.“ Bei den Verhandlungen über den Finanzrahmen bis 2020 werde das EU-Parlament darauf achten, dass die gesteckten Ziele auch finanziert werden könnten.
Merkel hat bisher klargestellt, dass der Euro-Rettungsfonds derzeit groß genug ist. Doch der Druck der Partner wächst, die Garantien für den Nottopf zu erhöhen. Die EU-Kommission fordert schon seit Monaten, dass die „Feuerkraft“ des Rettungsfonds größer werden müsse. Auch der Internationale Währungsfonds (IWF) verlangt, den Nottopf aufzufüllen. Der IWF steuert bisher ein Drittel der Notkredite für die drei hilfsbedürftigen Euro-Staaten Griechenland, Irland und Portugal bei.
Serbien wird Beitrittskandidat
Der neue Fonds soll 500 Milliarden Euro an klamme Euro-Länder ausleihen können. Aus dem bisherigen Nottopf fließen bisher Kredite an Portugal und Irland. Für diese Finanzhilfen bürgen die Euro-Staaten. Auch das zweite, 130 Milliarden Euro schwere Hilfspaket für Griechenland soll aus dem vorläufigen Nottopf kommen. Damit könnte er noch etwa 250 Milliarden Euro borgen, falls weitere Hilfen nötig werden.
Wie erwartet beförderte der Gipfel Serbien zum Beitrittskandidaten, nächster Schritt auf dem Weg zur Mitgliedschaft. Zuvor hatte sich das zuletzt noch widerstrebende Rumänien mit der Regierung in Belgrad verständigt, Diese sicherte zu, die Rechte der rumänischen Minderheit in Serbien zu gewährleisten. Wann die EU bereit ist, Aufnahmeverhandlungen mit Belgrad zu starten, ist derzeit aber noch völlig offen. Die Rumänen müssen sich ebenso wie die Bulgaren mit dem angestrebten Beitritt zur Schengenzone noch gedulden. Der Gipfel will die Entscheidung darüber im September fällen.