Berlin. Auf europäischer Bühne ist das Rettungspaket für Griechenland in trockenen Tüchern, doch innerhalb der Regierungskoalition regt sich Widerstand: Mehrere Politiker aus Union und FDP lehnen das Rettungspaket ab. Sie fordern, Griechenland müsse zunächst die Auflagen erfüllen, bevor weitere Gelder freigegeben werden.
Wenige Tage vor der Bundestagsabstimmung über die neuen Milliardenhilfen für Griechenland haben weitere Koalitionsabgeordnete ihren Widerstand angekündigt. Der CDU-Haushaltspolitiker Klaus-Peter Willsch und der FDP-Abgeordnete Frank Schäffler sagten, sie würden am Montag dem Rettungspaket nicht zustimmen. Die SPD warf der Bundesregierung vor, die Bürger mit geschönten Zahlen über die Höhe der Griechenland-Hilfe zu täuschen.
"Hoffentlich folgen möglichst viele meiner Kollegen der Forderung des Bundes der Steuerzahler", sagte Willsch laut einem Bericht von Handelsblatt Online vom Mittwoch. "Ich werde Griechenland II auf keinen Fall zustimmen." Zuvor hatte bereits der CDU-Abgeordnete Wolfgang Bosbach sein Nein angekündigt.
Hat Griechenland seine Auflagen erfüllt?
Willsch verwies darauf, dass den skeptischen Abgeordneten im Mai 2010 versprochen worden sei, Geld gebe es nur gegen die Erfüllung harter Auflagen. "Nun wurden und werden diese Auflagen von Griechenland nicht erfüllt, Geld gibt es aber trotzdem", kritisierte das Mitglied im Haushaltsausschuss. Das sei Konkursverschleppung oder gar Untreue. Der CDU-Politiker plädierte für einen Austritt Griechenlands aus der Eurozone.
Der Bundestag stimmt am Montag über die Entscheidung der Eurozonen-Finanzminister ab, weitere Hilfen von 130 Milliarden Euro für das hochverschuldete Griechenland zu leisten. Der Präsident des Bundes der Steuerzahler, Karl Heinz Däke, hatte den Bundestag aufgerufen, das neue Hilfspaket abzulehnen.
Euro-Skeptiker Frank Schäffler lehnt weitere Milliardenhilfen für Griechenland ab
Angesichts der erneuten Rückstufung Griechenlands durch die Rating-Agentur Fitch auf die schlechteste Note vor einem Zahlungsausfall sagte auch der FDP-Abgeordnete Schäffler, er lehne weitere Milliardenhilfen strikt ab. "Ich werde unter den gegebenen Voraussetzungen nicht zustimmen", sagte Schäffler den Dortmunder "Ruhr Nachrichten" (Donnerstagsausgabe). Die Annahmen über die künftige Entwicklung in Griechenland, die dem Rettungspaket zugrunde gelegt würden, seien viel zu positiv, fügte Schäffler hinzu.
Der haushaltspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Carsten Schneider, kritisierte in der "Süddeutschen Zeitung" (Donnerstagsausgabe), in den öffentlichen Verlautbarungen der Regierung sei stets davon die Rede, dass das zweite Paket Kredite im Umfang von 130 Milliarden Euro umfasse. Tatsächlich seien es aber 165 Milliarden, da aus dem ersten Programm noch rund 35 Milliarden Euro übrig seien. Anders als zunächst behauptet verfielen diese nicht, sondern würden ins zweite Paket übernommen.
Aus Schneiders Sicht spricht Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) dennoch weiter von 130 Milliarden, da er bei der Bundestagsabstimmung sonst um eine eigene Mehrheit der Koalition fürchten müsste. Der parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Thomas Oppermann, sagte in der "Passauer Neuen Presse" (Donnerstagsausgabe), bei der Abstimmung benötige Kanzlerin Angela Merkel (CDU) eine eigene Mehrheit. "Sonst ist sie gescheitert."
Oppermann rechnet mit einer Mehrheit innerhalb der SPD-Fraktion
Die SPD werde "verantwortlich entscheiden", sagte Oppermann. Er rechne mit einer Mehrheit innerhalb seiner Fraktion. Die Entscheidung für ein Hilfspaket sei nicht einfach. "Die Alternative wäre jedoch, dass Griechenland bankrott geht und die Eurozone verlässt. Dieses Szenario birgt erhebliche Ansteckungsgefahren und unüberschaubare Risiken. Wenn Europa zurück in nationalstaatliches Handeln fällt, gibt es nur Verlierer." Griechenland könne die Hilfe nicht versagt werden.Angesichts der Rückstufung Griechenlands durch die Rating-Agentur Fitch auf die schlechteste Note vor einem Zahlungsausfall lehnt der FDP-Abgeordnete Frank Schäffler weitere Milliardenhilfen für das Land strikt ab.
"Ich werde unter den gegebenen Voraussetzungen nicht zustimmen", sagte Schäffler den "Ruhr Nachrichten" (Donnerstagausgabe). Die Annahmen über die künftige Entwicklung in Griechenland, die dem Rettungspaket zugrunde gelegt würden, seien viel zu positiv. "Wir werden schon in Kürze über ein drittes Griechenlandpaket sprechen", fürchtet der FDP-Finanzexperte.
Auch aus der Union regt sich Widerstand. CDU-Politiker Wolfgang Bosbach hat sein Nein bei der geplanten Bundestagsabstimmung am kommenden Montag bereits angekündigt.
Haushaltspolitiker üben Kritik an Bundeskanzlerin Angela Merkel
Kurz vor der Abstimmung über das zweite Griechenland-Paket hat die SPD Bundeskanzlerin Angela Merkel vorgeworfen, die Bürger über den wahren Umfang des neuen Hilfsprogramms zu täuschen. Der haushaltspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Carsten Schneider, sagte der "Süddeutschen Zeitung" (Donnerstagausgabe), in den öffentlichen Verlautbarungen der Regierung sei stets von 130 Milliarden Euro die Rede. Tatsächlich seien es aber 165 Milliarden Euro, weil aus dem ersten Griechenland-Programm noch rund 35 Milliarden Euro übrig geblieben seien. Anders als zunächst behauptet, verfielen diese nun aber nicht, sondern würden ins zweite Paket übernommen, erklärte Schneider.
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) spreche dennoch weiter von 130 Milliarden Euro, weil er bei der Bundestagsabstimmung am Montag sonst um eine eigene Mehrheit der Koalition fürchten müsse. "Nun wird versucht, das Volumen durch die Hintertür aufzustocken. Es wird höchste Zeit, dass die Bundeskanzlerin vor dem Bundestag und der Öffentlichkeit die wahren Kosten und Risiken offenlegt", forderte der SPD-Haushaltsexperte. Der "Bild"-Zeitung sagte Schneider: "Die Kanzlerin versucht mit geschönten Zahlen zu Griechenland eine Zustimmung des Bundestages zu erreichen. Wenn sie in dieser zentralen Frage keine eigene Mehrheit hat, ist sie politisch gescheitert."
Vertreter der Koalition wiesen Schneiders Kritik zwar zurück, zeigten sich zugleich aber überrascht, dass die verbliebenen 35 Milliarden Euro statt über bilaterale Kredite der Euro-Länder nun über den Rettungsfonds EFSF finanziert werden sollten. "Das heißt ja, dass die Mittel des EFSF entsprechend sinken und weniger Geld für andere Dinge zur Verfügung steht", sagte der Haushaltsexperte der Union, Norbert Barthle, der "Süddeutschen Zeitung". Ähnlich äußerten sich demnach auch seine Kollegen Otto Fricke (FDP) und Priska Hinz (Grüne). Der Haushaltsausschuss im Bundestag soll am Freitag über das zweite Griechenland-Paket informiert werden. (rtr, dapd, afp)