Athen. Die Ratingagentur Fitch erwartet trotz des 107 Milliarden Rettungspaketes der EU in nächster Zeit den Staatsbankrott Griechenlands. Deshalb wurde die Bonität des Landes von der Note CCC auf C herabgestuft. Griechenland erwartet erst 2014 wieder Wirtschaftswachstum. Troika zeichnet ein düsteres Bild.

Die Ratingagentur Fitch hat die Kreditwürdigkeit Griechenlands erneut herabgestuft. Die Bonität des Landes wurde am Mittwoch von der Note CCC auf C gesenkt. Die Herabstufung deute darauf hin, "dass ein Staatsbankrott in nächster Zeit höchstwahrscheinlich" sei, erklärte Fitch. Griechenland hatte sich zuvor mit privaten Investoren auf einen Schuldenschnitt im Umfang von 107 Milliarden Euro verständigt.

Der Schritt war weitgehend erwartet worden. Die Anleihen haben bereits seit längerem Ramsch-Status und sind nun nur noch eine Note über der Kategorie "D" eingestuft, die bei jeder Form des Zahlungsverzugs zum Tragen kommen.

In dem geplanten Schuldenschnitt würden faule Papiere eingetauscht, urteilte Fitch. Wenn die Umschuldung abgeschlossen sei, würden die Ratings von Griechenland erneut abgesenkt auf "Teilweiser Zahlungsverzug", teilte Fitch mit. Zu einem späteren Zeitpunkt folge eine Neueinschätzung der Lage.

Die Regierung in Athen hat sich die Tür offen gehalten, Verluste bei Investoren griechischer Staatsanleihen auch zwangsweise zu realisieren. Die Teilnahme an dem mit den Gläubigern vereinbarten Schuldenschnitt ist freiwillig. Im Rahmen eines Anleihe-Tauschs sind private Gläubiger wie Banken und institutionelle Anleger bereit, auf 53,5 Prozent des Nominalwerts ihrer Staatsanleihen zu verzichten.

Fitch hatte die Note Griechenlands im vergangenen Juli von B+ auf CCC herabgestuft und dies vor allem mit dem "Fehlen eines neuen Hilfsplans" und der Unsicherheit über die Rolle privater Investoren bei den Rettungsbemühungen begründet.

Griechenland erwartet Wirtschaftswachstum erst wieder 2014

Der neue Bericht der Troika zeichnet ein düsteres Bild von der Lage in Griechenland. Insbesondere das Schrumpfen der Wirtschaft dürfte in den Jahren 2011 bis 2013 noch stärker ausgefallen als angenommen. Schon im Oktober hatten die Experten aus Internationalem Währungsfonds (IWF), EU-Kommission und Europäischer Zentralbank (EZB) ihre Schätzung für 2011 von minus 2,8 Prozent auf minus 5,5 Prozent heruntergestuft. Jetzt rechnen sie sogar mit minus 6,1 Prozent, wie aus der vorläufigen Schuldentragfähigkeitsanalyse hervorgeht, die der Nachrichtenagentur dapd vorliegt.

Damit nicht genug: 2012 wird nun mit minus 4,3 Prozent gerechnet, statt mit minus 3,0 wie noch im Oktober und plus 0,7 wie noch im Sommer 2011 gedacht. 2013 soll die Wirtschaft dann stagnieren, statt um 1,25 Prozent zu wachsen. Erst 2014 wird nun ein Wachstum von 2,3 Prozent unterstellt.

Geradezu mechanisch verschlechtern sich daher alle anderen Zahlen in dem neunseitigen Bericht: höhere Neuverschuldung des Staates Griechenlands und höherer Schuldenstand bis 2020 und darüber hinaus.

Troika sieht viele Probleme für Griechenland

Daraus folgt auch ein höherer Hilfebedarf. Neben dem Schuldenschnitt der Privatbanken sei daher eine zusätzliche öffentliche Hilfe erforderlich. Das ist eine Restrukturierung der Zinszahlungen aus den Anleihen, eine Senkung der Zinsen auf die Hilfskredite, eine Restrukturierung der griechischen Anleihen, die die Euro-Zentralbanken halten, und eine Nutzung der Ausschüttungen aus Zins- und Wertgewinnen griechischer Anleihen in der EZB. Zusammen könnte dies den Schuldenstand bis 2020 um 12 Prozentpunkte der Jahreswirtschaftsleistung senken.

Für die Banken-Kapitalisierung in Griechenland bedeutet dies ebenfalls einen höheren Bedarf. Statt 40 Milliarden Euro veranschlagen die Experten nun 50 Milliarden.

Sollte sich die Lage weiter verschlechtern, rechnet die Troika für 2020 sogar mit einem Schuldenstand von 159 Prozent der Jahreswirtschaftsleistung statt der derzeit angestrebten 120 Prozent. Das ist aus Sicht der Experten keine völlig ausgeschlossene Entwicklung. Das gesamte Programm sei "unfallträchtig", schreiben sie.

Griechisches Defizit kommt für Bundesregierung nicht überraschend

Das drohende größere Loch im griechischen Staatshaushalt kommt für die Bundesregierung nicht überraschend. Die neue Defizitprognose der Regierung in Athen werde nicht negativ bewertet, sagte eine Sprecherin des Bundesfinanzministeriums am Mittwoch in Berlin. Sie falle günstiger aus als die Daten, die der Eurogruppe zu Wochenbeginn bei der Verabschiedung des neuen Hilfspakets für Griechenland vorgelegen hätten.

Griechenland rechnet für dieses Jahr mit einer Neuverschuldung von 6,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukt betragen, hieß es auf der Internetseite des Parlaments. Ursprünglich hatte die Regierung nur 5,4 Prozent angepeilt. Das Ziel habe aufgrund der Verschärfung der Rezession korrigiert werden müssen.

Niederlande zweifeln an Reformfähigkeit Griechenlands 

Der niederländische Finanzminister Jan Kees de Jager hat auch nach dem zweiten Rettungspaket für Griechenland Zweifel am Reformwillen des Landes angemeldet. Auch die beschlossenen Überwachungsmechanismen für die Regierung in Athen hätten die Zweifel an der Umsetzung der Reformen nicht verschwinden lassen, sagte der Minister in einem am Mittwoch veröffentlichten Interview der französischen Zeitung "Le Monde". "Um ehrlich zu sein, ich habe Zweifel, aber es ist das Beste, was wir tun konnten", sagte er unter Verweis auf die beschlossenen Hilfen.

Der Bund hat sich bei der ersten Auktion nach dem Griechenland-Rettungspaket 4,28 Milliarden Euro von Anlegern geholt. Allerdings traf Deutschland am Mittwoch mit seinen als praktisch ausfallsicher geltenden Papieren auf weniger Nachfrage als zuletzt, teilte die Finanzagentur mit. Die Emission der zweijährigen Staatsanleihe war 1,8-fach überzeichnet, während bei einer vergleichbaren Auktion im Januar die Nachfrage das Angebot um das 2,2-Fache überstieg. Der Bund zahlte den Investoren eine höhere Rendite: Sie stieg auf 0,25 Prozent nach 0,17 Prozent im Januar.

Deutsche-Bank-Chef erwartet rege Teilnahme an Hellas-Umschuldung 

Deutsche-Bank -Chef Josef Ackermann rechnet mit einer "substanziellen" Beteiligung des Finanzsektors an dem Schuldenschnitt in Griechenland. Zudem betonte der Schweizer, der auch Präsident des Weltbankenverbands IIF ist, am Rande einer Veranstaltung am Mittwoch, dass die Vereinbarung mit der Athener Regierung freiwillig sei. Auf die Frage, ob die Umschuldung vor allem dem Zweck diene, eine Ausbreitung der Krise in der Euro-Zone zu verhindern, sagte er: "Deswegen haben wir es gemacht."

Der IIF hat mit der Regierung in Athen vereinbart, dass die privaten Gläubiger dem Mittelmeerland mehr als 100 Milliarden Euro an Schulden erlassen. Das führt bei den Banken zu Abschreibungen auf ihre griechischen Staatsanleihen von mehr als 70 Prozent. Die Deutsche Bank hatte diese bereits 2011 verbucht. Die griechische Regierung will über ein Gesetz die Gläubiger zwingen, sich an der Vereinbarung zu beteiligen. Daher sprechen Experten nicht mehr von einem freiwilligen Schuldenschnitt.

Sparda-Banken prüfen Angebot zum griechischen Schuldentausch noch

Die Gruppe der zwölf deutschen Sparda-Banken will das Angebot zum Schuldenschnitt für Griechenland in den kommenden Tagen prüfen. "Wir müssen jetzt erstmal in aller Ruhe die Konditionen anschauen", sagte der Vorstandsvorsitzende des Verbandes der Sparda-Banken, Joachim Wuermeling, am Mittwoch in Frankfurt am Main. "Da haben wir noch ein etwas unklares Bild."

Die Gruppe sei an den Verhandlungen nicht beteiligt gewesen und auch nicht Mitglied im Bankenverband IIF, der die Bankenseite vertreten hatte. Einzelne Banken der Gruppe hätten griechische Staatsanleihen, jedoch nicht in großem Umfang, sagte Wuermeling.

Deutsche Exporte nach Griechenland brechen dramatisch ein 

Die deutschen Exporte in das krisengeschüttelte Griechenland brechen immer stärker ein. Sie sanken im vergangenen Jahr um 13 Prozent auf knapp 5,1 Milliarden Euro. Damit sind die Ausfuhren auf das Niveau von 2002 zurückgefallen, geht aus Daten des Statistischen Bundesamtes hervor, die der Nachrichtenagentur Reuters am Mittwoch vorlagen. Das entspricht einem Anteil von weniger als einem halben Prozent am deutschen Exportvolumen. Zum Vergleich: Die gesamten Ausfuhren legten 2012 um 12,4 Prozent zu und übertrafen erstmals die Umsatzmarke von einer Billion Euro.

Die Exporte nach Griechenland schrumpften dagegen schon das dritte Jahr in Folge. 2008 wurden noch Waren im Wert von rund acht Milliarden Euro dorthin geliefert - seither ist das Niveau um rund 36 Prozent gesunken. Besonders Investitionsgüter wie Maschinen und Fahrzeuge waren weit weniger gefragt.

Bei den Importen zeigt sich ein anderes Bild: Deutschland bezog im vergangenen Jahr Waren im Wert von knapp zwei Milliarden Euro aus Griechenland - ein Plus von zwei Prozent. Die gesamten deutschen Einfuhren legten mit 13,2 Prozent aber rund sechsmal stärker zu und erreichten mit insgesamt 902 Milliarden Euro ein Rekordniveau.