Essen. . Die Gewerkschaften und die Zeitarbeitsbranche schlagen Alarm: Sie warnen vor einer neuen Welle von Dumpinglöhnen durch sogenannte Werkverträge. Mit ihnen werde in vielen Fällen der Leiharbeits-Mindestlohn in Westdeutschland gedrückt.
Die Gewerkschaften und die Zeitarbeitsbranche warnen vor einer neuen Welle von Dumpinglöhnen durch sogenannte Werkverträge. Mit ihnen werde in vielen Fällen der Leiharbeits-Mindestlohn von 7,89 Euro in Westdeutschland noch unterboten. „Werkverträge dürfen nicht als Schlupflöcher für neue Dumpinglöhne missbraucht werden“, sagte Werner Stolz, Geschäftsführer des Zeitarbeitsverbands IGZ, dieser Zeitung.
Bei Werkverträgen kaufen Unternehmen bestimmte Leistungen einer Fremdfirma ein. Zunehmend werden auch Dienstleistungen eingekauft, etwa das Regal-Einräumen im Supermarkt oder Lagerarbeiten für Industrie- und Handelsunternehmen. Für viele Beschäftigte gelten weder Zeitarbeits- noch Branchentarife. Im Einzelhandel arbeiten Dienstleister für 6,50 Euro (nach Tarif) und weniger.
Die Branche wächst nach Darstellung der Gewerkschaften rasant, doch es gibt keine Statistiken. Die Zahl der Beschäftigten wird allein im Einzelhandel auf bis zu 350 000 geschätzt. Bei den industriellen Dienstleistern mit Werkverträgen gehen die Schätzungen in die Millionen.
Die Gewerkschaft Verdi spricht von „Tarifflucht“. Viele Discounter, Supermärkte und SB-Warenhäuser setzten systematisch auf das neue Billiglohn-Modell, so Lieselotte Hinz, Verdi-Verantwortliche für den NRW-Einzelhandel. Grund sei auch der Mindestlohn in der Leiharbeit: „Die Werkverträge nehmen in dem Maße zu, wie Leiharbeit unattraktiver wird.“
Weil auch in der Industrie das Auslagern von Dienstleistungen per Werkvertrag zunimmt, kündigte die IG Metall für den Herbst eine Kampagne gegen Werkverträge an. Detlef Wetzel, Vizechef der IG Metall, nennt sie „eine neue Form prekärer Beschäftigung“. Es sei „eine Schande, wohin sich unsere Arbeitsgesellschaft entwickelt“.
Auch NRW geht mit einer Bundesrats-Initiative gegen den „Missbrauch“ von Arbeitnehmern durch Schein-Werkverträge vor. Das wurde gestern vom Kabinett beschlossen. NRW-Arbeitsminister Guntram Schneider (SPD) sprach von einem „gesetzlichen Schlupfloch, um Löhne zu drücken und Arbeitsbedingungen zu verschlechtern“.