Essen. Wer in einem Minijob arbeitet, wird oft mit deutlich weniger Lohn abgespeist, als ein “normaler“ Beschäftigter. Das haben Forscher der Hans-Böckler-Stiftung herausgefunden. Sie erheben schwere Vorwürfe gegen die Unternehmen und fordern ein Umdenken in der Politik.

Minijobber in Deutschland arbeiten zumeist für Niedriglöhne. Eine Untersuchung der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung ergab, dass 2009 fast 90 Prozent der Minijobber einen Stundenlohn bekamen, der das mittlere Stundenentgelt um mehr als ein Drittel unterschritt und damit als Niedriglohn gilt. In Zahlen heißt das: In Westdeutschland lag ihr Lohn unter 9,76 Euro, im Osten des Landes gar unter 7,03 Euro.

Die Wissenschaftler erheben deshalb schwere Vorwürfe gegen die Unternehmen: Sie würden diese Jobs systematisch nutzen, um ihre Personalkosten zu drücken. Zwar ist es verboten, einem Arbeitnehmer für die gleiche Arbeit weniger Stundenlohn zu bezahlen als in einem "normalen" Arbeitsverhältnis. Doch die Praxis sieht nach den Fallstudien der Hans-Böckler-Stiftung anders aus.

Minijobs nützen mehr den Unternehmen

Dass die Minijobber weniger Geld verdienen, liegt nach Meinung der Wissenschaftler nicht an deren fehlender Qualifikation. Sie deckten einen Systemfehler auf: Unternehmen zahlen den Minijobbern nicht den gleichen Bruttolohn, wie einer Vollzeitkraft. Sondern sie geben den Minijobbern das niedrigere Nettogehalt. Weil Minijobber keine Sozialabgaben leisten müssen, verdienen damit beide auf den ersten Blick zwar das gleiche. Aber ein Minijobber muss aus dem niedrigeren Lohn noch seine soziale Absicherung selbst stemmen. Minijobs reißen damit gravierende Lücken in die Altersversorgung vieler Arbeitnehmer, beklagt der Deutsche Gewerkschaftsbund.

Die Erkenntnis der Untersuchung ist damit aus Sicht der Wissenschaftler eindeutig: Minijobs nützen dem Unternehmen mehr als dem Beschäftigten. Denn auch das ist eine Erkenntnis aus der Studie: Minijobs sind keine Brücke zu einem vollwertigen Job.

Zahl der Minijobs steigt seit Jahren leicht an

Dagegen bilden sie für die Unternehmen einen Anreiz, sozialversicherungspflichtige Arbeit durch Minijobs zu ersetzen. Und je mehr Unternehmen dieses "Schlupfloch" nutzen, desto weniger Chancen haben die Beschäftigten auf eine vollwertige Stelle, schlussfolgern die Wissenschaftler. Vor allem der Einzelhandel, das Gastgewerbe und die Gebäudereinigungsbranche setzen auf geringfügig Beschäftigte.

Als einen Ausweg aus der "Niedriglohn-Falle Minijob" fordern die Forscher unter anderem Lohnuntergrenzen.

In Deutschland gab es nach aktuellsten Zahlen der Minijobzentrale im September 2011 rund 7 Millionen Minijobber. Auf NRW entfielen dabei knapp 2,3 Millionen. Die Zahl steigt seit Jahren leicht an. Im Frühjahr 2011 war jedes fünfte Beschäftigungsverhältnis in Deutschland ein Minijob, so die Untersuchung der Hans-Böckler-Stiftung. 4,8 Millionen Menschen verdienen ausschließlich mit einem Minijob ihr Brot.

DGB fordert Ende der Beitragsfreiheit

Die Forscher und der Deutsche Gewerkschaftsbund fordern von der Politik daher ein Umdenken. Der DGB bezeichnete es als völlig falsch, die Minijobgrenze weiter anzuheben. Dadurch werde der Niedriglohn nur ausgeweitet, statt ihn einzudämmen. Die Regierungskoalition plant, noch in diesem Jahr die beitragsfreie Verdienstgrenze von jetzt 400 auf 450 Euro anzuheben. Die Gewerkschaft fordert stattdessen, die Beitragsfreiheit für Minijobs ganz aufzuheben. "Alle Beschäftigten müssen vom ersten Euro an in die Sozialversicherung eingebunden werden", so der DGB.