London. . Seit Jahren bewegten sich die Konvertiten in der Islamistenszene - doch erst in London gingen die Terrorverdächtigen den Ermittlern ins Netz. Dort wurden Christian E. und Robert B. vor dem Strafgerichtshof jetzt zu Haftstrafen verurteilt. Einer der beiden kann direkt nach Deutschland zurückkehren.

Zwei deutsche Islamisten sind am Montag vor dem Londoner Strafgerichtshof Old Bailey zu Haftstrafen von 16 beziehungsweise 12 Monaten verurteilt worden. Christian E. (28) und Robert B. (24) waren im Juli 2011 schon kurz nach der Einreise nach England verhaftet worden. Sie haben den Besitz von Texten zugegeben, die bei der Vorbereitung oder Ausführung von Terrorakten nützlich sein könnten. Das britische Anti-Terror-Gesetz aus dem Jahr 2000 untersagt, derartige Informationen zu sammeln oder zu besitzen.

Da beiden die bisherigen 193 Tage in Untersuchungshaft angerechnet werden, und jeweils die Hälfte der Strafen zu Bewährung ausgesetzt wurde, kommt B. frei und wird nach Deutschland ausgewiesen. E. muss noch einige Wochen Haft absitzen.

Dem Gericht zufolge fielen die Strafen nicht höher aus, weil die Angeklagten relativ jung und nicht vorbestraft seien, weil sie Geständnisse abgelegt hatten - und weil es keine Hinweise darauf gegeben habe, dass sie das Material weiterverbreiten oder selbst für Terrorakte nutzen wollten. Außerdem seien die Texte im Internet frei zugänglich gewesen.

Beim Warten auf den Bus verhaftet

Die aus Solingen stammenden Konvertiten bewegten sich seit einigen Jahren in der Islamistenszene. Im vergangenen Sommer wollten sie angeblich nach Ägypten reisen, um sich dort mit dem Islam zu beschäftigen. Als ihnen klar wurde, dass diese Reise sehr teuer werden würde, entschieden sie sich eigenen Angaben zufolge um und machten sich auf den Weg nach England. Ihr Ziel war Birmingham. Dieser Plan endete am 15. Juli, als sie mit der Fähre aus Frankreich in Dover ankamen und dort auf einen Bus warteten. Sicherheitskräfte stoppten und durchsuchten sie und fanden auf Computern und einer Festplatte islamistische Propagandatexte und Bombenbauanleitungen. Später stellte sich heraus, dass ihre Tickets für die Weiterreise von einem Bekannten in England gekauft worden waren, der offenbar Kontakte in terrorverdächtige Kreise hatte.

Christian E., gestand kürzlich vor Gericht, vier Artikel aus dem Al-Kaida-Magazin „Inspire“ bei sich gehabt zu haben. Neben einem Text mit dem Titel „Destroying buildings“ (Gebäude zerstören) gehörte dazu auch eine Bombenbauanleitung (“Wie man in der Küche seiner Mutter eine Bombe bauen kann“).

Sein Begleiter Robert B. gab zu, einen Text mit dem Titel „39 ways to support Jihad“ (39 Wege zur Unterstützung des Dschihad) besessen zu haben. Anklage und Gericht werteten den Besitz dieses Textes weniger schwerwiegend, da die darin enthaltenen Anweisungen eher allgemein gehalten seien.

In Solingen besuchten die Islamisten Salafisten-Treff

Die Verhaftung der beiden Deutschen war kein Zufall. Wie eine Polizeisprecherin der Nachrichtenagentur dapd bestätigte, war sie vielmehr das Ergebnis einer „von Nachrichtendiensten geführten“ Operation. Dabei habe es auch Kontakte zu deutschen Behörden gegeben. In Deutschland hätten Robert B. und Christian E. kaum verhaftet werden können, weil der Besitz von solchem Propagandamaterial nicht unter Strafe steht.

In ihrer Heimatstadt Solingen verkehrten die Deutschen vor ihrer Ausreise häufig im „Deutsch-Islamischen Zentrum“. Die Hinterhof-Moschee gilt bis heute als Treffpunkt radikaler Salafisten. Seit einigen Monaten predigt dort der wegen des Verbreitens von Terrorpropaganda vorbestrafte österreichische Islamist Mohammed M., der sich Usama al-Gharib nennt. Er gilt als einer der zurzeit aktivsten und radikalsten Prediger in der deutschen Islamistenszene. (dapd)