Berlin. Unmittelbar vor dem EU-Gipfel am Montag sorgen die finanziellen Probleme Griechenlands weiter für Unmut und Unbehagen in Europa. Das Land benötigt nach Einschätzung der Troika erneut Milliardenhilfen. In der Berliner Koalition formiert sich allmählich klarer Widerstand gegen weitere Hilfen.

Unmittelbar vor dem EU-Gipfel am Montag in Brüssel sorgen die finanziellen Probleme Griechenlands weiter für Unmut und Unbehagen in Europa. Das Land benötigt nach Einschätzung der Troika weitere Milliardenhilfen. Widerstand dagegen regt sich mittlerweile bei CSU und FDP. Auch die EU erwägt harte Schritte. Bundeskanzlerin Angela Merkel bekannte sich am Samstag erneut klar zum Euro und sprach sich indirekt auch für einen Verbleib Griechenlands in der Euro-Zone aus.

Der Euro sei ein "entscheidender Schritt zu einer tieferen europäischen Integration, den man nicht ohne schwerwiegende Folgen und große Risiken rückgängig machen könnte", sagte die Bundeskanzlerin der "Bild am Sonntag". Gerade die Deutschen hätten vom Euro sehr profitiert. Mit Blick auf die Probleme Griechenlands sagte Merkel: "Wir haben derzeit 17 Euro-Staaten, und ich rechne damit, dass es mehr werden."

Bericht: Troika rechnet mit 15 Milliarden Euro Mehrbedarf

Der "Spiegel" berichtete am Samstag mit Verweis auf die Arbeit der Troika aus EU-Kommission, Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF), dass Griechenland noch einmal zusätzlich rund 15 Milliarden Euro benötigen wird. Statt der Ende Oktober beschlossenen 130 Milliarden Euro würden etwa 145 Milliarden Euro an staatlichen Mitteln fällig. Grund für die Lücke sei eine Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage in Griechenland. "Wir gehen nicht davon aus, dass man das fehlende Geld allein bei den privaten Gläubigern einsammeln kann", zitiert das Magazin die Troika.

Wie die "Financial Times" unter Berufung auf Finanzkreise berichtete, plädiert Deutschland mittlerweile dafür, dass ein "Haushalts-Beauftragter" der EU in Griechenland eingesetzt wird. Dieser solle die großen Ausgaben Griechenlands kontrollieren. Zugleich hätte er die Macht, bei Haushaltsentscheidungen des Landes sein Veto einzulegen.

Verhandlungen über Schuldenschnitt

Der griechische Ministerpräsident Lucas Papademos und sein Finanzminister Evangelos Venizelos hatten am Freitagabend mit Vertretern des Internationalen Bankenverbands IIF über einen Schuldenschnitt für Athen beraten. Aus verhandlungsnahen Kreisen verlautete, dass es Bewegung bei technischen und rechtlichen Fragen gegeben habe. Die Gespräche sind am Samstagabend zu Ende gegangen. In einer IIF-Erklärung hieß es anschließend, es seien "neue Fortschritte" gemacht worden, so dass mit einem Abschluss der Verhandlungen in der kommenden Woche gerechnet werden könne.

IWF-Chefin Christine Lagarde verlangte unterdessen am Samstag auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos mehr Anstrengungen der Euro-Länder. Sie rief die 17 Euro-Staaten auf, eine klare Schutzmauer aufzubauen, um die derzeitige Schuldenkrise zu begrenzen und das Vertrauen wiederherzustellen. Der IWF könne bei der Bewältigung der Krise helfen, brauche aber mehr Geld.

Widerstand von CSU und FDP

In der Berliner Koalition formiert sich allmählich klarer Widerstand gegen mögliche weitere Hilfen für Griechenland. "Für Reformstillstand gibt es kein Geld", sagte CSU-Chef Horst Seehofer dem "Spiegel". Die CSU lehne neue Hilfen für Griechenland über die beschlossenen Programme hinaus ab. Seehofer hält außerdem die Folgen eines Austritts Griechenlands aus der Euro-Zone für beherrschbar und verkraftbar. Er wünsche sich den Austritt nicht, sagte Seehofer der "Rheinischen Post", betonte aber: "Wir müssen uns dieser Diskussion stellen. Wenn Griechenland die erforderlichen Sanierungsschritte in der Euro-Zone nicht gehen kann, dann sollte das Land erkennen, dass es sich einen anderen Weg suchen muss."

Auch der FDP-Fraktionsvorsitzende Rainer Brüderle forderte im "Spiegel" eine unnachgiebige Haltung gegenüber Athen. "Solidarität ist keine Einbahnstraße, insofern muss die Europäische Gemeinschaft hart bleiben und die notwendigen Strukturreformen einfordern."

Herabstufung von fünf Staaten der Euro-Zone

Die Ratingagentur Fitch hatte am Freitagabend wie erwartet die Kreditwürdigkeit von fünf Staaten der Eurozone herabgestuft. Schlechtere Noten bekamen unter anderem die volkswirtschaftliche Schwergewichte der Eurozone Italien und Spanien. Die Herabstufung sei die Folge "der deutlichen Verschlechterung der wirtschaftlichen Aussichten" in Europa, hieß es in der Begründung von Fitch. Zudem fehle es an einer glaubwürdigen finanziellen Brandschutzmauer gegen die Ansteckungs- und Liquiditätskrisen. (dapd)