London. . Der Firmenmanager und Lord im Oberhaus, Simon Wolfson, hat einen Preis für das beste Rezept zum Ausstieg aus dem Euro ausgelobt. Dem Gewinner winken 250 000 Pfund, umgerechnet 300 000 Euro. Die Resonanz in Großbritannien ist groß, die Kritik aber auch.

Ausgerechnet ein Brite macht über eine Viertel Million locker für Ideen zum effizienten Euro-Ausstieg: Simon Wolfson, Firmenmanager und Lord im Oberhaus, sammelt Rezepte für den Ernstfall, an den zurzeit niemand wirklich denken will. Über seine Motivation, Europas größtes Problem lösen zu wollen und dafür auch Tabus zu brechen, sprach der scheue Adelige in einem seltenen Interview.

Die Resonanz ist groß, die Kritik auch: Dass ein Mitglied des britischen Oberhauses mitten in der Krise einen Preis aus der Taufe hebt, der mit dem Ende der Euro-Zone kalkuliert, scheint zynisch. „Dabei suchen wir nur ein Rettungsboot für den Notfall, der hoffentlich nie eintritt“, stellt Wolfson klar. Kommenden Dienstag ist für alle klugen Köpfe Einsendeschluss, die wissen, wie der Zusammenbruch der Eurozone so schmerzfrei wie möglich gestaltet werden kann. Die zehn besten Ideen will der Lord im Frühjahr veröffentlichen; der Sieger bekommt von ihm 250.000 Pfund. Damit ist der einmalig ausgelobte „Wolfson Prize“ nach dem Nobelpreis die höchstdotierte Auszeichnung für Wirtschaftswissenschaftler.

„Der Euro-Kollaps ist kein Gedankenspiel, sondern ein ernstzunehmendes Risiko“, sagt der 44-Jährige. Es ist nicht das einzige Mal, dass er auf der Seite der Pessimisten steht. Schon 2008 war er der erste Unternehmer, der den Briten die Wirtschaftskrise voraussagte - ein Thema, von dem damals ebenfalls niemand etwas hören wollte. Doch Tabus findet Wolfson „höchst verdächtig“: „Auch wenn wir nicht über Staatspleiten und Euro-Kollaps sprechen wollen, so denken wir doch die ganze Zeit daran. Wenn wir aber für die Katastrophe planen, vermeiden wir das größte Chaos.“

„Ich will Spekulation durch Forschung ersetzen“

Beiträge für den Preis gebe es schon jetzt reichlich, so Wolfson, auch aus Deutschland. Vor den unbequemen und vor allem höchstkomplizierten Fragen dürfen Teilnehmer nicht zurückschrecken: Wie können Ersparnisse gerettet werden? Wie rettet man das Bankensystem vor dem Zusammenbruch? Was sind die rechtlichen Grundlagen für einen Euro-Austritt?

„Ich will wilde Spekulation durch solide Forschung ersetzen“, betont der Brite. Er sieht vor allem eine riesige, intellektuelle Leerstelle: „Weder die Europäische Zentralbank noch die Notenbanken der Länder dürfen dabei erwischt werden, wie sie Notfallszenarien entwickeln. Das könnte als Kapitulation verstanden werden und Panik auslösen.“ Andere Experten müssen also ran. Und Tory-Mitglieder, wie Wolfson, genießen seit dem spektakulären „No“ ihres Premiers ohnehin Narrenfreiheit in Europa-Fragen.

Dass die Lösung der 300.000-Euro-Frage nicht leicht wird, weiß Wolfson. „Wir stecken ja in einem Dilemma“, sagt er, „entweder man rettet die verschuldeten Mittelmeerstaaten durch Euro-Abwertung und treibt dadurch Deutschland in den Ruin. Oder man spart den Süden kaputt und hält deutsche Ersparnisse stabil.“ Beim jetzigen Kurs könne die Währungsunion nur überleben, wenn deutsche Steuerzahler mit noch höheren Abgaben die wachsende Arbeitslosigkeit in Südeuropa querfinanzierten. „Ich kann mir jedoch nicht vorstellen, dass diese Unwucht lange tragbar ist“, resümiert der Manager und Tory-Senkrechtstarter.

Kunden boykottierten die Bekleidungskette

Wolfson hat in Cambridge Jura studiert, dann als Verkäufer in einer Filiale der Bekleidungskette „Next“ angefangen. Schon mit 33 Jahren war er zum Vorstandsvorsitzenden des börsennotierten Konzerns aufgestiegen - einer der jüngsten in Großbritannien. Vor zwei Jahren erbte er den Oberhaussitz seines Vaters und den Titel „Baron Wolfson von Aspley Guise“. Landesweite Bekanntheit erlangte der öffentlichkeitsscheue Manager allerdings erst, als er sich offen für das Regierungsziel einsetzte, die gesamten britischen Staatsschulden durch einen rigiden Sparkurs in nur fünf Jahren zu tilgen. Kunden boykottierten daraufhin Filialen des „Next“-Konzerns.

Mit seinen konkreten Überlegungen zum Euro-Ausstieg steht der 44-Jährige nun allerdings nicht allein. So hat das Außenministerium bereits alle Botschaften „auf dem Kontinent“ angewiesen, für den Fall sozialer Unruhen und Aufstände Rettungspläne bereitzuhalten. Beim Euro-Kollaps sollen britischen Staatsbürger sicher zurück auf die Insel gebracht werden.