Berlin. . Die Linke wird seit 1995 vom Verfassungsschutz beobachtet – in Niedersachsen sogar mit geheimdienstlichen Mitteln. Nun will Innenminister Friedrich die Überwachung von 27 Abgeordneten prüfen.
Für Hans-Peter Friedrich ist es eine „spezielle Frage“. Der Innenminister verteidigt zwar, dass der Verfassungsschutz die Linkspartei beobachtet. Aber im Umgang mit Abgeordneten seit die Hemmschwelle betont hoch.
In „ihrem Kernbereich“, also im Parlament, dürften sie „nicht gestört“ werden, sagte der CSU-Mann am Mittwoch. Die Partei werde nicht mit „geheimdienstlichen Mitteln“ beobachtet, bekräftigte er. Das heißt: Telefone werden nicht abgehört, die Mitglieder werden nicht beschattet; auf sie werden auch keine V-Leute angesetzt.
Außerdem wies der Minister das Bundesamt an, die Zahl und die Liste der 27 bisher beobachteten Abgeordneten zu überprüfen.
Will die Linke eine „Diktatur des Proletariats“ ausrufen?
Damit versucht Friedrich, wieder Herr des Verfahrens zu werden, nachdem die Beobachtung drei Tage lang in der Kritik stand. Die Linke, früher die PDS, wird seit 1995 beobachtet. Der Auftrag: Der Verfassungsschutz muss Informationen sammeln, wenn es Anhaltspunkte dafür gibt, dass eine Partei oder eine Gruppe die Verfassung außer Kraft setzt, sobald sie an der Macht ist, etwa, um nach einer Revolution eine „Diktatur des Proletariats“ auszurufen. Es reicht, dass Teile der Partei solche Bestrebungen verfolgen, die „kommunistische Plattform“ etwa.
Der Verfassungsschutz geht dann der Frage nach, ob so eine Strömung in der Partei Oberhand gewinnen kann.
Bisher wurde das Amt jedes Mal vom Parlament, der Regierung und von den Gerichten gestützt. Bei Verhandlungen wurde zum Beispiel darauf verwiesen, dass Politiker der Linke Kontakt zur kolumbianischen Guerilla „Farc“ oder zur kurdischen „PKK“ hielten, ohne sich vom Terror zu distanzieren. Das Bundesamt für Verfassungsschutz beobachtet Mitglieder radikaler Gruppen, aber auch die Führung der Partei, um die Flügelkämpfe besser einschätzen zu können.
Ramelow will sich nicht von der „kommunistischen Plattform“ distanzieren
Es kommt nicht darauf ab, ob einer wie Fraktionschef Gregor Gysi verfassungsfeindliche Ziele verfolgt. Das gilt erst recht, wenn ein Politiker wie Bodo Ramelow, der sich durch alle Instanzen klagte und unterlag, erklärt, er lasse sich nicht dazu nötigen, sich von der „kommunistischen Plattform“ zu distanzieren.
Auf Landesebene geht man mit der Linkspartei unterschiedlich um. In einigen Ländern wird sie vom Verfassungsschutz nicht mehr beobachtet, in anderen mit geheimdienstlichen Methoden, zum Beispiel in Niedersachsen.
Abgeordnete wie Gysi haben zwar beantragt, in ihre Akten einzusehen. Aber sie bekamen meist geschwärzte Unterlagen.
In der Endlosschleife des Verdachts
In Regierungskreisen werden dafür drei Gründe genannt. Erstens müssten die Namen der eigenen Mitarbeiter geschützt werden. Zweitens fließen auch Informationen aus den Ländern ein, die dort quellengeschützt seien. Drittens wurden einige schon vor ihrer Mitgliedschaft bei den Linken beobachtet, weil sie extremistischen Gruppen angehört hatten und damals von den Geheimdiensten bespitzelt wurden.
Im Ergebnis bedeutet die Praxis für Betroffenen, dass sie aus einer Endlosschleife des Verdachts nicht rauskommen. Damit kann sich die Partei nicht abfinden. Sie macht auf allen Ebenen Druck: In den Medien, vertraulich im Kontrollgremium des Parlaments und auf offener Bühne heute im Bundestag.