Berlin. In der Affäre um Bundespräsident Wulff gibt es neue Vorwürfe. Bei Angaben zu einem Flug-Upgrade gibt es zahlreiche Unstimmigkeiten. Unterdessen wurden zahlreiche Fragen an Wulff im Netz veröffentlicht - allerdings nicht von ihm.
Die SPD-Fraktion im niedersächsischen Landtag fordert Aufklärung zu einer Urlaubsreise von Bundespräsident Christian Wulff in die USA im April 2007. Wie die "Bild"-Zeitung berichtet, sollen der damalige niedersächsische Ministerpräsident, seine heutige Ehefrau Bettina und deren Sohn während des Fluges von Miami nach Frankfurt ein Upgrade von der Economy-Class in die Business-Class erhalten haben. Dafür soll Wulff nach Angaben seines Anwalts privat erworbene Bonusmeilen eingesetzt haben. Laut Zeitung hätte Wulff dafür 210.000 Euro mit seiner Lufthansa-Kreditkarte umsetzen müssen.
Auf Anfrage des Blattes soll Wulffs Rechtsanwalt Gernot Lehr zunächst bestritten haben, dass es eine solche Umbuchung gegeben habe. "Die Flugtickets waren von Anfang an in der Business-Class gebucht. Der Aufpreis im Vergleich zur Economy-Class wurde durch private Meilen beglichen", zitiert die Zeitung Lehr in einer ersten Stellungnahme.
Für Umbuchung wären 210.000 Bonusmeilen erforderlich
Laut Lufthansa müssten für ein Upgrade von drei Personen von der Economy-Class in die Business-Class auf einem solchen Langstreckenflug 210.000 Bonusmeilen eingesetzt werden. Das entspreche den gesammelten Bonusmeilen von 420 Flügen zwischen Hannover und München, heißt es in dem Bericht.
Auf Nachfragen der Zeitung habe Wulffs Anwalt die ursprüngliche Stellungnahme später um den zusätzlichen Hinweis ergänzt: "Das Meilenkonto besteht seit Ende der 80er-Jahre. Herr Wulff nutzt für alle privaten Ausgaben ausschließlich die Kreditkarte der Lufthansa." Der Lufthansa zufolge bestehe das Bonusmeilen-Programm "Miles & More" jedoch erst seit 1993. Eine "Miles & More"-Kreditkarte gibt es demnach erst seit 1999.
Wulff setze privat erworbene Bonusmeilen ein
Um mit einer solchen Kreditkarte 210.000 Bonusmeilen zu sammeln, müssten 210.000 Euro mit der Karte umgesetzt werden, schreibt die Zeitung. Nachdem das Blatt weitere Fragen bezüglich des Upgrades an den Anwalt des Bundespräsidenten stellte, habe Lehr seine ursprüngliche Auskunft, die Flugtickets seien "von Anfang an" in der Business-Class gebucht gewesen, korrigiert. Vielmehr habe Lehr nun mitgeteilt: "Für ein Upgrade von der Economy Class zur Business Class während eines Fluges in die USA mit der Lufthansa setzte Herr Wulff seine privat erworbenen Bonusmeilen ein."
Nach Auskunft der Lufthansa seien Upgrades während eines Fluges an Bord ihrer Maschinen nicht möglich. Zudem könnten dienstlich und privat erworbene Bonusmeilen nicht getrennt voneinander auf einem Konto gesammelt werden, schreibt die Zeitung.
Zeitungen veröffentlichen ihre Fragen an Wulff
Unterdessen haben sich die Redaktionen von "Welt" und "Welt am Sonntag" zu einem ungewöhnlichen Schritt entschieden: Sie veröffentlichten eine Liste der Fragen, die sie in der Wulff-Affäre gestellt haben, und dokumentieren die Antworten - wenn die Fragen denn beantwortet wurden. "Die "Welt"-Gruppe hat entschieden, von ihrem Recht am eigenen Wort Gebrauch zu machen und alle Fragen und Antworten im Internet zu veröffentlichen", heißt es im Begleittext zu der Aktion. Die Dokumentation zeige, wie karg manche Antworten ausfielen, und dass selbst Antworten auf Nachfragen bis heute vieles im Unklaren ließen.
Unterdessen berichtet die Frankfurter Allgemeine Zeitung, dass mindestens einer von Wulffs Anwälten offenbar zweierlei maß anlegt, wenn es um Verschwiegenheit geht. "Gernot Lehr, der Anwalt von Bundespräsident Christian Wulff, hat die „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“ (F.A.S.) bereits am 23. Dezember 2011 im Einzelnen über Anfragen aus der Presse informiert - obwohl solche Fragen seiner eigenen Stellungnahme zufolge unter die anwaltliche Verschwiegenheitspflicht fallen", schreibt die FAZ.
Lehr leitete demnach einen Mailwechsel mit „Welt“-Redakteur Jörg Eigendorf vom 21. Dezember an die FAZ weiter - einschließlich detaillierter Fragen zu Wulffs Krediten bei der BW-Bank, der Antworten Lehrs, Nachfragen und weiterer Antworten und Kontaktdaten. Nach Angaben von Lehr ein Versehen - die "Welt" berichtet dagegen, die Mail sei der Redaktion der „F.A.S.“ vorher wiederholt angekündigt worden.