Köln/Berlin. Zum Start ins neue Jahr streitet die Koalition über die frisch eingeführte Rente mit 67. CSU-Chef Seehofer hatte die Regelung am Wochenende kritisiert - und dafür Schelte von der FDP bekommen. Bundesarbeitsministerin von der Leyen verteidigte die Verlängerung der Lebensarbeitszeit als alternativlos.
Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) sieht keine Alternative zur Rente mit 67. Es gebe sehr viel mehr Ältere, die weitaus länger Rente bezögen und weniger Junge, die diese erarbeiteten, sagte die Ministerin am Montag im Deutschlandradio. Um diese Schieflage auszugleichen, blieben anderenfalls nur eine Rentenkürzung oder eine erhebliche Beitragserhöhung. "Beides ist meines Erachtens nicht zumutbar", fügte von der Leyen hinzu.
Auch Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt warnt davor, die Rente mit 67 in Frage zu stellen. Hundt sagte: "Wenn nichts geschieht, droht langfristig ein massiver Beitragsanstieg zulasten von Arbeitnehmern und Betrieben." Schon jetzt komme bei einem Durchschnittsverdiener "netto gerade einmal die Hälfte dessen an, was sein Arbeitgeber für ihn aufwendet".
Der Präsident der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) mahnte: "Wir dürfen unsere sozialen Sicherungssysteme nicht weiter einseitig über Löhne finanzieren und damit die Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft gefährden." An weiteren Reformen in der Sozialversicherung führe kein Weg vorbei.
Kritik am CSU-Chef
Die FDP kritisiert derweil die Aussagen von CSU-Chef Horst Seehofer zur Rente mit 67. "Ich bezweifle, dass Herr Seehofer mit dieser Antäuschung nach links sich und vor allem den Bürgern einen Gefallen tut", sagte FDP-Generalsekretär Patrick Döring der "Hannoverschen Allgemeinen Zeitung" laut Vorabbericht. "Die Rente mit 67 ist richtig und in der Umsetzung auch sehr sozial ausgestaltet. Wir Liberale stehen dazu."
Seehofer hatte die Rente mit 67 in Frage gestellt, falls sich die Situation für ältere Arbeitnehmer auf dem Arbeitsmarkt nicht rasch ändert. "Die Beschäftigungsmöglichkeiten für Arbeitnehmer über 50 in Deutschland müssen spürbar verbessert werden", sagte Seehofer der "Bild am Sonntag". FDP-Generalsekretär Döring sagte, die FDP könne sich im Detail Verbesserungen vorstellen, etwa bei den Hinzuverdienstmöglichkeiten. "Aber wenn wir nichts ändern, wird die Belastung für die kommenden Generationen untragbar", sagte er. Auch das sei eine soziale Frage.
Auch die Linke kritisierte Seehofer: Linken-Chef Klaus Ernst verwies darauf, dass Seehofer die Rente mit 67 mitbeschlossen habe. "Dass er in dem Moment, da die Erhöhung des Renteneintrittsalters wirksam wird, die Voraussetzungen dafür als nicht gegeben ansieht, zeigt die ganze politische Verkommenheit dieser Koalition der Rentenräuber und ihrer Vorgängerin", erklärte Ernst. "Jetzt versucht sich Seehofer nach der Haltet-den-Dieb-Methode aus der Verantwortung zu stehlen.
SPD will die Einführung der Rente mit 67 verschieben
In der SPD wurde die Forderung laut, die Anhebung des Renteneintrittsalters zu verschieben. Der SPD-Wirtschaftsexperte Garrelt Duin sagte der "Bild"-Zeitung vom Samstag: "Die neuen Zahlen belegen, dass die Zeit für die Rente mit 67 noch nicht reif ist." Die SPD sei deshalb für eine Verschiebung der Einführung, bis Ältere eine echte Chance auf dem Arbeitsmarkt hätten.
Das Gesetz zur Rente mit 67 sieht vor, dass sich das reguläre Renteneintrittsalter pro Jahr zunächst um einen Monat nach hinten schiebt, ab 2024 sind es dann pro Jahr zwei Monate. (dapd/afp)