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Als Konsequenz aus der Mordserie der Zwickauer Neonazis verschärft NRW den Kampf gegen Rechtsextremisten. Innenminister Ralf Jäger (SPD) legte dem Landtag einen Acht-Punkte-Plan vor, mit dem der Kontrolldruck auf Neonazis deutlich erhöht werden soll.

Künftig will Jäger alle Straftaten von Rechtsextremisten in der Kriminalstatistik dem Rechtsextremismus zuordnen – unabhängig, ob es sich um Volksverhetzung oder um Autodiebstahl handelt. „Wir wollen die Täter in den Mittelpunkt stellen, nicht nur die Tat“, sagte Jäger. Die Behörden müssten genau wissen, welche Straftaten Rechtsextremisten verüben.

Alle Landtagsfraktionen begrüßten ein härteres Vorgehen. CDU-Rechtsexperte Peter Biesenbach sieht im Acht-Punkte-Programm allerdings nur eine Auflistung von Absichtserklärungen. Unklar sei, wie Jäger die Pläne umsetzen wolle.

„Den braunen Sumpf trocken legen“

Nach dem Schock über die Morde des rechtsradikalen Zwickauer Terror-Trios an neun Migranten geht NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) in die Offensive: „Wir wollen den braunen Sumpf mit allen rechtlich möglichen Mitteln trocken legen.“ Im Landtag legte der Minister ein Acht-Punkte-Programm gegen Rechtsradikale vor.

Der Aufstand der Demokraten ist hochaktuell: In Bielefeld planen Neonazis Heiligabend einen Aufmarsch. Im Landtag bestand Konsens, dass die Demokratie der rechtsextremistischen Szene keinen Raum lassen darf.

Das sieht der Acht-Punkte-Aktionsplan vor:
Um Täter frühzeitig aus dem Verkehr zu ziehen , sollen verstärkt bekannte Szenetreffs kontrolliert und Rechtsextreme konsequent aus der Anonymität geholt werden. „Künftig beobachten wir nicht nur die Kameradschaft, sondern deren Kameraden“, kündigte Jäger an.
Einrichtung eines Kompetenzzentrums im Landeskriminalamt, das landesweit alle Informationen zum Rechtsextremismus bewertet.
Sonderkommissionen mit insgesamt 35 Ermittlern an Brennpunkten in Dortmund, Aachen, Wuppertal und Köln.
Staatsschutzkammern an den Landgerichten Dortmund, Düsseldorf und Köln.
Zusätzliche Aussteigerprogramme für Rechtsextremisten mit speziellen Aussteigerbetreuern. Bisher werden 120 Aussteiger betreut.
Mehr präventive Maßnahmen in Schulen und Vereinen, damit Jugendliche nicht früh in die rechte Szene abgleiten.
Intensivere Betreuung von Opfern und deren Angehörigen durch die Polizei.
Verstärkte Streifengänge im Internet und schnelle strafrechtliche Verfolgung.

Im Ziel der Bekämpfung des Rechtsextremismus waren sich die fünf Landtagsfraktionen einig. Strittig bleibt der Einsatz von V-Leuten in der Szene. FDP-Innenexperte Horst Engel kritisierte nach den jüngsten Skandalen die Auswahl der V-Leute. Es sei nicht hinnehmbar, dass eingeschleuste V-Leute außerhalb von Recht und Gesetz agierten und Rechtsextremisten sogar mit Geld versorgt hätten.

Für Innenminister Jäger sind V-Leute ein legitimes Mittel der wehrhaften Demokratie. „Ohne V-Leute wären wir blind.“ Wer die im Biedermann-Image auftretende NPD kontrollieren wolle, müsse sich solcher Quellen bedienen. „Wir werden aber nicht mit V-Leuten kooperieren, die Verbrechen begehen.“ Vor Einleitung eines NPD-Verbotsverfahrens muss aus Sicht Jägers geklärt werden, ob das öffentlich zugängliche Material als Beweis ausreicht.

Initiative: den Rechten die Waffen nehmen

Mit dem Acht-Punkte-Programm will der Minister die Weichen stellen, dass rechtsextremistische Radikale nicht auch in NRW in den Rechtsterrorismus abdriften. Zwar liegen den NRW-Behörden bislang keine Erkenntnisse über rechtsterroristische Bestrebungen vor. Durch die Anschläge des Zwickauer Terrortrios in Köln und Dortmund ist NRW aber direkt betroffen.

NRW wird im Bundesrat einen Vorstoß unternehmen, damit Rechtsextremisten nicht mehr legal an Waffen kommen. Darüber hinaus will Jäger alle Möglichkeiten nutzen, Rechtsextremisten legale Waffen zu entziehen.

Sprecher aller Fraktionen verurteilten die Taten der Thüringer Neonazis. Der FDP-Abgeordnete Robert Oth vermisste aber eine Fehleranalyse, warum die Behörden erst nach dem Selbstmord der Täter die Zusammenhänge der Mordserie aufgedeckt hatten. Der CDU-Innenexperte Theo Kruse sieht Deutschland durch Rechts- und Linksradikale bedroht. Familienministerin Ute Schäfer (SPD) verwies auf eine Studie des Bielefelder Gewaltforschers Wilhelm Heitmeyer, wonach Fremdenfeindlichkeit zugenommen habe. Danach beklagt fast die Hälfte der Bürger, dass Deutschland überfremdet sei.

Neonazis greifen Mai-Demo in Dortmund an

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