Velbert. . Ein Inhaber einer privaten Musikschule in Velbert hat in einer NPD-Monatszeitung Lehrkräfte für seine Schüler gesucht. Bekannt machte diese Akquise jetzt die anonym agierende „Antifaschistische Recherchegruppe“. Die Politik reagiert unterschiedlich: „Erschreckt“ zeigt sich die SPD-Bundestagsabgeordnete Kerstin Griese.

„Wer hilft mir? Suche Hilfe im Unterricht“ – so eindringlich war der Anzeigentext einer privaten Musikschule aus dem Velberter Stadtgebiet im Oktober 2009 formuliert. Das Stellenangebot erschien jedoch nicht in einer Regionalzeitung, sondern in der bundesweit vertriebenen Monatszeitung „Deutsche Stimme“, dem Zentralorgan der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD).

Der niederbergische Musikus befand sich auf der Zeitungsseite in Nachbarschaft mit einer Todesanzeige für einen „Unterscharführer, Träger der Nahkampfspange und des Eisernen Kreuzes“ sowie mit Verlautbarungen des „Rings Nationaler Frauen“ und des „Frontdienstes nationaler Aktivisten“. Inmitten dieser braunen Gesellschaft suchte der Musikschulchef Lehrkräfte für Piano, Keyboard, Gitarre, Schlagzeug, Akkordeon.

Musikschullehrer beim Staatsschutz unbekannt

Bekannt machte diese Akquise jetzt die anonym agierende „Antifaschistische Recherchegruppe“. Es sei leider nicht der „einzige Fall“, bei dem ein „Mensch mit rechtsradikalem Hintergrund“ eine Aufgabe in der Jugendarbeit in Velbert wahrnehme, so die „Antifa“, die bereits im Frühjahr einem Velberter Sportfunktionär vorgeworfen hatte, rechtsradikales Liedgut zu verbreiten. Die Gruppe „Antifa“ sieht die Veröffentlichung „in erster Linie als Information für Eltern, die ihre Kinder aus Unwissenheit dem braunen Einfluss aussetzen“.

Staatlichen Behörden ist der Inhaber der Musikschule nicht bekannt. „Wir können nichts zu diesem Menschen sagen“, teilte der Düsseldorfer Staatsschutz auf WAZ-Anfrage mit. Eine Akte gebe es bislang nicht. Doch in seinem Umfeld ist der Musikschulbesitzer bestens bekannt. Pfarrer Detlef Gruber, Vorsitzender des Presbyteriums der evangelisch-reformierten Kirchengemeinde Neviges, für die der Musiker „ein- bis zweimal im Jahr bei Beerdigungen die Orgel spielt“, hat bislang noch „keine rassistischen Äußerungen“ von ihm gehört. Mit Bekanntwerden der Vorwürfe habe die Kirchengemeinde den Kontakt zu ihrem Aushilfsorganisten gesucht. „Ich habe mich mit ihm darüber unterhalten“, berichtet der Pfarrer. Über den Inhalt des Gesprächs wolle er jedoch nichts sagen.

Politiker reagieren unterschiedlich

Die Resonanz in der Politik fällt unterschiedlich aus. „Erschreckt“ zeigt sich die SPD-Bundestagsabgeordnete Kerstin Griese. Die niederbergische Historikerin, selbst früher aktiv in der Arbeit für das Gedenken an Opfer des Nationalsozialismus, fordert: „Es darf nicht sein, dass Kinder und Jugendliche unter solchen Einfluss geraten.“ Die Ratsfraktion der Linkspartei, gesinnungsethisch ohnehin stets der „Antifa“ nahe, äußert sich besorgt. „Wir akzeptieren nicht, dass unter dem Deckmantel von Musikunterricht unbehelligt Einfluss auf Kinder und Jugendliche genommen werden kann“, stellt der Fraktionsvorsitzende Harry Gohr fest.

Der CDU-Stadtverbandsvorsitzende Torsten Cleve formuliert es etwas vorsichtiger: „Ich verurteile die Handlungsweise des Musikschulbesitzers – wenn er Kontakt zur NPD und zum Rechtsextremismus hat“. Für den Fall, dass dies stimme, müsse überlegt werden, „wie diese Aktivitäten auf Null gebracht werden können“. Die Stadt trage die Verantwortung für die eigene Musikschule und könne hier nicht eingreifen. Cleve: „Hier muss der Staatsschutz handeln.“

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Bislang handele es sich um Behauptungen, „die im Raume stehen“, gibt SPD-Fraktionsgeschäftsführer Volker Münchow zu bedenken. Und die Jusos: „Wir können nicht über die Gesinnung des Musikschulinhabers urteilen. Wir können es aber ebenso wenig verstehen, dass eine Institution des öffentlichen Lebens, in der Kinder und Jugendliche Musikunterricht erhalten, in einer rechtsextrem eingestuften Zeitung eine Anzeige schaltet“, so der SPD-Nachwuchs. Und der Schulleiter selbst? Mehrere schriftlich vorgelegte Fragen der WAZ quittierte er lediglich mit zwei Sätzen: „Ich habe mit dem Gedankengut der NPD nichts zu tun. Damit ist für mich die Angelegenheit erledigt.“