Osnabrück/Passau. In der Kreditaffäre fordern Opposition und Nicht-Regierungs-Organisationen eine öffentliche Erklärung von Bundespräsident Christian Wulff. SPD-Chef Sigmar Gabriel forderte Wulff auf, sich persönlich zu erklären und nicht durch seine Anwälte zu kommunizieren. Wulff wird sich in seiner Weihnachtsansprache nicht zu den Vorwürfen äußern.
SPD-Chef Sigmar Gabriel verlangt in der Kredit-Affäre um Christian Wulff eine öffentliche Stellungnahme des Bundespräsidenten. "Ich gehe davon aus, dass der Bundespräsident alle offenen Fragen persönlich beantwortet", sagte SPD-Chef Sigmar Gabriel der "Passauer Neuen Presse" (Donnerstagausgabe). Dass nicht er, sondern seine Anwälte kommunizierten, halte er für unglücklich. Wie der Bundespräsident mit den Vorwürfen umgehe, sei aber "allein seine Sache".
Gabriel warnte allerdings vor einem Vertrauensschaden. "Ich fürchte, dass die Affäre dazu beiträgt, dass die Menschen immer weniger Vertrauen in Politik haben."
Grüne Steffi Lemke: "Merkwürdiger Vorgang, wenn der Bundespräsident nur über Anwälte kommuniziert"
Auch die Grünen fordern von Wulff persönliche und umfassende Antworten, um die Distanz zwischen Staatsoberhaupt und Öffentlichkeit zu überwinden. Steffi Lemke, Bundesgeschäftsführerin der Grünen, sagte der Zeitung: "Die Welt" (Donnerstagausgabe): "Es ist ein merkwürdiger Vorgang, wenn ein Bundespräsident die Fragen, die es in der Bevölkerung zu Recht gibt, nur noch von seinen Anwälten beantworten lässt. Mehr Distanz zwischen Staatsoberhaupt und Öffentlichkeit gab es lange nicht."
Die Schreiben der Anwälte produzierten immer mehr Fragen, sagte Lemke: "Zum Beispiel, was ein laut seinen Anwälten seit 2004 nicht mehr aktiver Unternehmer auf Wirtschaftsdelegationsreisen des Ministerpräsidenten macht
Transparency International fordert "reinen Tisch"
Die Anti-Korruptionsorganisation Transparency International hat Bundespräsident Christian Wulff aufgefordert, noch vor seiner Weihnachtsansprache mit einer öffentlichen Erklärung in der Kreditaffäre reinen Tisch zu machen.
Der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Donnerstagausgabe) sagte die Vorsitzende von Transparency Deutschland, Edda Müller: "Der Bundespräsident muss vor seiner Weihnachtsansprache am Sonntag alle Karten öffentlich und rückhaltlos auf den Tisch legen." Eine Weihnachtsansprache Wulffs zum Zusammenhalt in der Gesellschaft sei "peinlich hoch drei", solange die gegen ihn erhobenen Vorwürfe im Raum stünden. Nach Ansicht Müllers böte eine Erklärung Wulffs für ihn die Chance, "neues Vertrauen und Respekt bei den Bürgern zu gewinnen".
Kreditaffäre kein Thema in Weihnachtsansprache
Bundespräsident Christian Wulff wird in seiner Weihnachtsansprache kein einziges Wort zur Kreditaffäre sagen. In der Ansprache wird er vielmehr auf die Themen Zusammenhalt und Gemeinsamkeit in der Gesellschaft sowie auf Europa eingehen, wie die Nachrichtenagentur dapd am Mittwoch aus Teilnehmerkreisen erfuhr. Auch spricht sich Wulff gegen Rassismus aus und plädiert für Weltoffenheit.
Die Weihnachtsansprache wurde am Nachmittag aufgezeichnet und wird am ersten Weihnachtsfeiertag ausgestrahlt. Wie erstmals 2010, waren auch in diesem Jahr Gäste bei der Ansprache dabei: Frauen und Männer mit ihren Kindern, die das Ehepaar Christian und Bettina Wulff im zurückliegenden Jahr kennengelernt hatte, zum Beispiel bei Einbürgerungsfeiern und beim deutsch-israelischen Jugendaustausch. Auch Feuerwehrleute hatte Wulff eingeladen. (dapd)