Essen.. Am Sonntag wird Bundespräsident Christian Wulff seine traditionelle Weihnachtsansprache halten. Darin wird er zu den Vorwürfen gegen ihn offenbar keine Stellung beziehen. Kirchenvertreter rieten ihm zuvor ganz von der Rede ab.
Bundespräsident Christian Wulff wird in seiner Weihnachtsansprache kein einziges Wort zur Kreditaffäre sagen. In der Ansprache wird er vielmehr auf die Themen Zusammenhalt und Gemeinsamkeit in der Gesellschaft sowie auf Europa eingehen. Das berichteten Teilnehmer. Auch spricht sich Wulff gegen Rassismus aus und plädiert für Weltoffenheit.
Die Weihnachtsansprache wurde am Nachmittag aufgezeichnet und wird am ersten Weihnachtsfeiertag ausgestrahlt. Wie erstmals 2010, waren auch in diesem Jahr Gäste bei der Ansprache dabei: Frauen und Männer mit ihren Kindern, die das Ehepaar Christian und Bettina Wulff im zurückliegenden Jahr kennen gelernt hatte, zum Beispiel bei Einbürgerungsfeiern und beim deutsch-israelischen Jugendaustausch. Auch Feuerwehrleute hatte Wulff eingeladen.
Die Kirche hatte sich in die Debatte eingeschaltet. Der Kölner Kardinal Joachim Meisner empfahl Wulff im WDR-Fernsehen, "jetzt in der Situation" keine Weihnachtsansprache zu halten. Wenn er selbst in einer vergleichbaren Lage wäre, "dann müsste ich meinen Hirtenstab abgeben". Wulffs Weihnachtsansprache soll am Sonntag ausgestrahlt werden.
Jürgen Schmude, der frühere SPD-Bundesminister und langjährige Präses der Synode Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), hält Meisners Ratschlag dagegen für unangebracht. „Natürlich soll er sie halten“, sagte Schmude gegenüber DerWesten. „Die Ansprache gehört zum Amt des Bundespräsidenten und es ist seine Aufgabe, sein Amt solange auszuüben, wie er es hat.“ Und: „Er sollte die Vorwürfe nicht wichtiger machen, als sie sind.“ Der Hinweis, „solange er das Amt hat“, betont Schmude, sei keine indirekte Aufforderung an Wulff, das Amt aufzugeben.
Schmude: Wulff ist weiterhin glaubwürdig
Wulff sollte jedoch, findet der frühere Präses der EKD-Synode, auf keinen Fall in eigener Sache reden. „Er soll Themen aufgreifen, die die Gesellschaft bewegen.“ Dazu gehörten auch Fragen der Moral. Aber ist Wulff noch glaubwürdig, wenn er sich zu solchen Fragen äußert? „Allerdings, ja“, antwortet Schmude. „Dass er sich bestimmte Fragen stellen lässt, ist ja bekannt.“
Auch die frühere Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth stellte sich vor Wulff: "Der Bundespräsident wird die Weihnachtsansprache dazu nutzen Vertrauen zurückzugewinnen, das für ihn und für uns alle unverzichtbar ist. Je klarer und souveräner er über die Probleme der letzten Tage spricht, desto eher werden Bürger und Bürgerinnen unseres Landes bereit sein, das ja zu unserem Bundespräsidenten zu bekräftigen. Er hat die Chance sich ganz persönlich einzubringen." Süssmuth betonte, niemand sei fehlerfrei. "Entscheidend ist, wie wir mit unseren Fehlern umgehen und was wir aus ihnen lernen."
Am Mittwoch waren weitere Details in der Kreditaffäre bekannt geworden. Wulffs Anwalt räumte gegenüber der Zeitung "Die Welt" ein, dass der Unternehmer Egon Geerkens an den Verhandlungen über den Kredit für Wulffs Hausbau beteiligt gewesen sei. (mit dapd)