Düsseldorf. . Gut einen Monat nach Verabschiedung des historischen Schulkompromisses im NRW-Landtag wollen offenbar immer mehr Städte die neue Sekundarschule anbieten. Schon zum nächsten Schuljahr dürften Dutzende dieser Schulen an den Start gehen. Nicht nur auf dem Land, auch in den großen Revierstädten ist das Interesse groß.
Gut einen Monat nach Verabschiedung des historischen Schulkompromisses im NRW-Landtag wollen offenbar immer mehr Städte die neue Sekundarschule anbieten. Die Experten im Schulministerium und in den Bezirksregierungen gehen davon aus, dass bereits zum Schuljahr 2012/13 mehrere Dutzend Sekundarschulen gegründet werden. Im darauffolgenden Jahr könnte es zu einer noch stärkeren Gründungswelle kommen, da die Kommunen mehr Vorbereitungszeit und Rechtssicherheit hätten, heißt es. „Es laufen Beratungsprozesse für um die 50 Sekundarschulen und zehn Gesamtschulen. Ob daraus aber genehmigungsfähige Anträge werden, ist noch offen“, sagte Schulministerin Sylvia Löhrmann (Grüne) unserer Zeitung.
Podiumsdiskussionen, Elternbefragungen, Stadtratsbeschlüsse – der historische Schulkonsens des Landtags beschäftigt zunehmend die Kommunen in ganz Nordrhein-Westfalen. Gut vier Wochen nach Verabschiedung des reformierten Schulgesetzes durch die ungewöhnliche Allianz aus CDU, SPD und Grünen steht damit die neue Sekundarschule vor dem Praxistest.
50 Sekundarschulen gehen nach den Sommerferien 2012 an den Start
50 Sekundarschulen und zehn neue Gesamtschulen dürften nach den Sommerferien 2012 an den Start gehen. Das sagt das Schulministerium voraus. Bis Ende Dezember müssen interessierte Kommunen die Antragsunterlagen eingereicht haben. Im darauffolgenden Schuljahr 2013/14 könnte es nach Einschätzung von Experten aus den Bezirksregierungen sogar zu einer wahren Gründungswelle kommen: „Jetzt, da endlich Rechtssicherheit besteht, brauchen viele Kommunen nur noch einige Monate mehr Vorbereitungszeit“, heißt es etwa in der Düsseldorfer Schulaufsicht.
Das Hin und Her um den Modellversuch des längeren gemeinsamen Lernens ist vorbei, jetzt kann die Sekundarschule als Regelschule geplant werden. In Emmerich zum Beispiel hatte man sich nach anfänglichem Interesse lieber zurückgehalten, um die politische Mehrheitsbildung auf Landesebene abzuwarten. Jetzt wird neu diskutiert.
Bloß nichts überstürzen
Schulministerin Sylvia Löhrmann (Grüne) versucht, die Erwartungen zu dämpfen und rät interessierten Kommunen zu gründlicher Planung und lokaler Abstimmung. Wohl zu groß erscheint der Initiatorin des großen Schulfriedens die Gefahr, dass das neue Angebot Sekundarschule bei überstürzter Einführung keinen dauerhaften Erfolg hätte.
Grundsätzlich scheint an der Basis jedoch honoriert zu werden, dass Rot-Grün auf der einen und die CDU auf der anderen Seite ihre alte schulpolitische Gegnerschaft aufgegeben und als Antwort auf Hauptschul-Sterben und Schülermangel ein Konsensmodell aus der Taufe gehoben haben. Viel zu lange standen sich die Konzepte der rot-grünen Gemeinschaftsschule und des gegliederten Schulsystems bürgerlicher Prägung unversöhnlich gegenüber. Den Praktikern vor Ort hatte die ideologische Frontstellung nie wirklich weitergeholfen.
Die Sekundarschule führt nun in der Regel bestehende Einrichtungen wie Haupt- und Realschule zusammen und kooperiert mit der Oberstufe eines Gymnasiums, einer Gesamtschule oder eines Berufskollegs. In den Jahrgängen 5 und 6 lernen Kinder unterschiedlichen Leistungsvermögens verstärkt zusammen, der Weg zum Abi bleibt allen möglichst lange offen.
Nicht nur auf dem Land
Wer gedacht hatte, diese neuartigen „kleinen Gesamtschulen“ seien allein für ländliche Regionen mit schwindenden Kinderzahlen interessant, sieht sich getäuscht. Auch Großstädte wie Bochum, Dortmund oder Essen planen mit ihnen. Gymnasien und Gesamtschulen bleiben hier aber die am meisten nachgefragten weiterführenden Schulen.
Mancherorts könnte weiterhelfen, dass die Sekundarschule über Stadtgrenzen hinweg als Verbundmodell geplant werden darf. Unna und Holzwickede etwa bereiten einen gemeinsamen Schulentwicklungsplan vor. Die neue Schule würde sich auf die Standorte Unna und Massen aufteilen, die Schüler müssten pendeln. Unumstritten ist das in der Lokalpolitik beileibe nicht. Doch einen Beipackzettel zur Einführung der neuen Schulform hatte die Landespolitik eben auch nie versprochen.