Dortmund. . Wer mit dem eigenen Fahrzeug in die Niederlande reist, wird ab 1. Januar elektronisch überwacht: Das Nachbarland plant, an seinen 15 wichtigsten Grenzübergängen Kameras aufzubauen, die jedes Fahrzeug fotografieren – auf der Suche nach Menschenhändlern vom Balkan und Falschparkern aus dem Ruhrgebiet.

Optisch sind die Grenzen in Europa so gut wie verschwunden, doch auf dem unsichtbaren Weg kehren die Kontrollen der mit dem Auto in die Niederlande reisenden Menschen zurück. Ab 1. Januar, so die Gesetzesvorlage von Justiz- und Sicherheitsminister Opstelten, werden an den 15 wichtigsten Grenzübergängen von Deutschland und Belgien nach den Niederlanden alle Fahrzeuge von einem Überwachungssystem mit dem mysteriösen Namen @migo-boras erfasst. Damit ist das Überwachungssystem, das jetzt schon auf niederländischen Autobahnen und Fernstraßen nahezu perfekt funktioniert, auch an den Grenzen angekommen.

Im Klartext bedeutet das, dass Autofahren im Nachbarland außerhalb des digitalen Auges der Obrigkeit nahezu unmöglich wird.

Mehrheit im Parlament gilt als sicher

Trotz erheblicher Bedenken der Datenschützer vor allem gegen Aufbewahrung von Millionen Fotos von den Grenzen mit den Möglichkeiten der Polizei, „alle einreisenden Verkehrsteilnehmer auf niederländischen Straßen als potenzielle Verdächtige zu speichern,“ gilt die Abstimmungsmehrheit im Haager Parlament als gesichert. Und auch die Bevölkerung sympathisiert, wie man aus Leserzuschriften entnehmen kann, überwiegend mit der Einführung dieses Überwachungssystems an den Grenzen.

Für kleinere Grenzübergänge werden zusätzlich sechs Geländewagen für die Reichspolizei angeschafft, die an wechselnden Standorten dieselbe Aufgabe erfüllen wie die Anlagen an den großen Grenzübergängen.

Jagd auf Menschenhändler aus Osteuropa

Die gespeicherten Fotodaten wie beispielsweise Kennzeichen und Seitenansicht der Fahrzeuge werden in Sekundenschnelle mit Listen von verdächtigen Fahrzeugen abgeglichen. Schlägt das System Alarm, treten die Besatzungen von Streifenwagen der „Marechaussee“ (Reichspolizei) in Aktion und holen die Fahrzeuge nach einigen Kilometern hinter der Grenze auf den Seitenstreifen.

Die Listen enthalten aber nicht nur Transportfahrzeuge aus Südosteuropa, die oft genug junge Frauen als „Nachschub“ für Bordelle oder illegale Flüchtlinge ins Land bringen, sondern auch den kleinen Parksünder aus dem Ruhrgebiet, der in Scheveningen im Halteverbot ein Knöllchen bekam und das bisher nicht bezahlte. Die Fotos können aber auch Menschen in unliebsame Situationen bringen, deren Kennzeichen gestohlen wurden und bei Bankraub oder Tankstellenbetrügerein eingesetzt wurden.

Es gab schon Datenpannen

Der Opposition und dem Datenschutz ist das bisherige Ziel des Ministers, „strafbare Fakten aufzuspüren“ noch viel zu unbestimmt und ungenau. Außerdem ist die Dauer der Aufbewahrung solcher Daten und auch die Zugangsberechtigung zu diesen Daten ein weiteres Streitthema im Parlament. Vor allem deshalb, weil es in der Vergangenheit schon unerlaubte Zugriffe in Polizeikreisen auf das im Inland gebräuchliche Überwachungssystem ANPR (automatische Nummernschild-Erkennung) gab. Da ließen Polizeibeamte mit Zugriff Kollegen ohne Zugriff an die Speicher, um mal zu sehen, ob der Nachbar auch registriert war.

Ein Sprecher des Innenministeriums in Den Haag erklärte zwar, „erst einmal“ keine Bilder zu speichern, aber letztendlich, so sind sich die Kritiker von „@migo-boras“ (Better operation result and advanced security) sicher, steckt genau diese Absicht dahinter.