Essen. . Die linksextreme Rote Armee Fraktion ermordete Prominente und brüstete sich mit ihren Taten. Die Neonazis töteten anscheinend wahllos und bekannten sich nicht. Beide Mordserien sind menschenverachtend. Doch eine Ähnlichkeit, wie sie die Bezeichnung “Braune Armee Fraktion“ nahelegt, ist falsch.

Auf der einen Seite stehen Generalbundesanwalt Siegfried Buback, Dresdner-Bank-Chef Jürgen Ponto und Arbeitgeberpräsident Hanns Martin Schleyer. Auf der anderen Kioskbesitzer Mehmet K., Schneider Abdurrahim Ö. und Enver S., ein Blumenhändler.

Die ersten wurden in den 1970er Jahren von der linksextremistischen Roten Armee Fraktion ermordet, die anderen sind drei der insgesamt neun Opfer der sogenannten „Döner-Morde“, die von Rechtsradikalen begangen wurden.

Schon die Opfer zeigen: Der Vergleich zwischen den Morden der Roten Armee Fraktion und dem Terror, mit dem eine rechtsextremistische Gruppe Deutschland ein Jahrzehnt lang überzog, hinkt ganz gewaltig. Denn die RAF tötete gezielt prominente Menschen und buhlte damit um die Aufmerksamkeit des Volkes. Die Neonazis hingegen ermordeten Unbekannte und verzichteten auf Bekennerschreiben.

Den Neonazi-Attentaten fehlt die Botschaft

Der Autor und RAF-Experte Gerd Koenen sieht deshalb auch keine Parallelen zum linksextremen Terror der 1970er Jahre. „Die RAF hat - bei aller Menschenverachtung ihrer Verbrechen - niemals einfach Leute über den Haufen geschossen.“

Was bei den Neonazis im Vergleich zu bekannten Terrorgruppen vollständig fehlt, ist eine Botschaft. Selbst bei dem norwegischen Attentäter Anders Breivik sei ein Ziel erkennbar gewesen, bei den Neonazi-Attentaten aber kann Koenen keine Strategie ausfindig machen. Selbst abstoßende Ziele wie „national befreite Zonen“, also Gebiete, in denen keine Ausländer mehr leben, könnten nicht Ziel gewesen sein. Denn die Täter ermordeten einzelne Menschen in allen Teilen des Landes.

Die Täter wollten ein viertes Reich errichten

Der Berliner Rechtsextremismus-Experte Hajo Funke schließt den Vergleich mit anderen Terrororganisationen komplett aus: „Den Terror der Neonazis mit anderen Terrorismen zu vergleichen, verbietet sich“, sagt er. Weder mit dem islamistischen Terror noch mit den Anschlägen der Roten Armee Fraktion. Denn das Motiv der Neonazis sei ein völlig anderes: "Sie wollten ein nationalsozialistisches 'viertes Reich' errichten", sagt Funke.

Dass sie dabei anders als die RAF auf Propaganda verzichteten, ist für Funke nachvollziehbar. Schließlich gebe es „Partnerorganisationen“, die das für die Neonazi-Zelle übernehmen. „Der ‘Thüringische Heimatschutz’ und dessen Nachfolgeorganisationen haben die Öffentlichkeitsarbeit und die Mitgliederwerbung gemacht“, sagt er.

Falsche Papiere vertragen sich nicht mit Publicity

Bekennerschreiben wurden so überflüssig und hätten die „Mission“ der Neonazis gar gefährden können. Denn die Täter wurden offensichtlich von einer staatlichen Stelle mit falschen Papieren ausgestattet. Das dürfte ihre Geheimnistuerei noch verstärkt haben. So etwas verträgt sich nicht mit großer Öffentlichkeit.

Wenn es in der deutschen Geschichte vergleichbaren Terror gab, dann kommt dafür für Funke nur eine Gruppierung infrage: Die als „SS“ bekannte Schutzstaffel im Dritten Reich. Deren Ziel war von dem der Neonazis nicht weit entfernt.