Berlin. . Die Bundesregierung will einen Teil der deutschen Soldat aus Afghanistan abziehen. Schon Anfang des kommenden Jahres sollen 450 Soldaten nach Deutschland zurückkehren, später dann 550 weitere. Das Verteidigungsministerium nennt den Abzug „militärisch verantwortbar“.
Die Bundesregierung will kommendes Jahr knapp 1.000 Soldaten aus Afghanistan abziehen. Mit dem neuen ISAF-Mandat soll das Bundeswehr-Kontingent von derzeit 5.350 Soldaten auf zunächst 4.900 sinken und dann - zum Ende des Mandats - in einem zweiten Schritt auf 4.400. Das geht aus einem Brief von Außenminister Guido Westerwelle und Verteidigungsminister Thomas de Maizière an die Fraktionsvorsitzenden im Bundestag hervor. Die SPD stimmte dem Abzugsplan zu, von Grünen und Linken kam Kritik.
Der Bundestag hatte zuletzt im Februar eine Aufstockung des Bundeswehr-Kontingents auf 5.350 Soldaten beschlossen. Davon sind 350 Männer und Frauen als "flexible Reserve" vorgesehen. Das ISAF-Mandat ist auf ein Jahr bis zum 31. Januar 2012 befristet. Dann muss der Bundestag über ein neues Mandat beschließen.
Im ersten Schritt sollen 450 Soldaten abgezogen werden
In dem Schreiben der Minister, das der Nachrichtenagentur dapd am Donnerstag vorlag, heißt es, als "Folge des im Jahre 2011 Erreichten und im Einklang mit der von der Bundesregierung im laufenden ISAF-Mandat in Aussicht gestellten Verkleinerung des Bundeswehrkontingents wird mit Mandatsbeginn eine erste Reduzierung möglich sein". Genannt wird die Zahl von 4.900 Soldaten.
Weiter heißt es, im "Einklang mit der Entwicklung der Sicherheitslage und dem Fortgang der Transition beabsichtigt die Bundesregierung dann eine weitere Reduzierung, die mit einer umsichtigen Anpassung" eine Rückführung auf 4.400 Soldaten ermögliche. Mit diesen Schritten sei die "Nachhaltigkeit der Übergabe in Verantwortung in Afghanistan und der Abzug aller internationalen Kampftruppen aus Afghanistan bis Ende 2014 gewährleistet".
Westerwelle wollte Truppenstärke schon länger verringern
Westerwelle (FDP) hatte sich bereits mehrfach für eine Verringerung der Truppenstärke ausgesprochen. Hintergrund ist auch die neue Afghanistan-Konferenz am 5. Dezember auf dem Petersberg bei Bonn. Dort soll unter afghanischer Leitung die Zukunft des Landes nach dem für 2014 geplanten Abzug der internationalen Kampftruppen erörtert werden.
Der CDU-Politiker de Maizière hatte zuletzt immer wieder vor einem überhasteten Abzug der Bundeswehr gewarnt. Der Sprecher des Verteidigungsministeriums, Stefan Paris, erklärte auf Anfrage, eine solche Reduzierung sei "militärisch noch verantwortbar" und auch politisch zustimmungsfähig.
Bis Ende 2014 wollen die afghanischen Behörden die Verantwortung für die Sicherheit im Land vollständig übernehmen. Das gilt als Voraussetzung für den Abzug der internationalen ISAF-Truppen. Derzeit stellen 48 Nationen Truppen am Hindukusch.
SPD lobt Abzugspläne
SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier erklärte, die Reduzierung sei "ein weiterer wichtiger Baustein auf dem Weg zur Übergabe der Verantwortung an die afghanischen Sicherheitskräfte". Der verteidigungspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Rainer Arnold, signalisierte Zustimmung. "Ich halte das für einen gangbaren Weg", sagte er der in Halle erscheinenden "Mitteldeutschen Zeitung" laut Vorabbericht.
Der Grünen-Verteidigungsexperte Omid Nouripour hingegen kritisierte den geplanten Umfang der Truppenreduzierung als zu gering. "Das ist eine enttäuschende Nachricht", sagte Nouripour der "taz - die tageszeitung" laut Vorabbericht. "Es wäre viel mehr möglich gewesen - ein echter Abzug sieht anders aus."
Für die Linke erklärte Fraktionsvorstandsmitglied Wolfgang Gehrcke, es gehe "der Regierung nicht um eine neue Afghanistanpolitik, sondern darum, SPD und Grüne weiter in den Einsatz einzubinden". Jeder Soldat weniger in Afghanistan sei zu begrüßen. "Aber es bleibt das Problem, dass die afghanische Bevölkerung sich gegen ausländische Truppen als Besatzer wehrt. Das wird auch künftig so bleiben", meinte Gehrcke. (dapd)