Teheran. Nach der internationalen Empörung über den Bau einer zweiten iranischen Anlage zur Urananreicherung ist das Land am Sonntag mit mehreren Raketentests weiter auf Konfrontationskurs gegangen. Der Luftwaffenchef kündigte weitere Tests mit Raketen an, die auch Israel erreichen könnten.
Im Rahmen des Manövers «Großer Prophet 4» testete der Iran am Sonntagmorgen mehrere Kurzstreckenraketen, wie der Fernsehsender Press-TV berichtete. Am Abend sollten nach Angaben des Luftwaffenchefs der Revolutionsgarden, Hussein Salami, zudem Mittelstreckenraketen zum Einsatz kommen. Für Montag kündigte er weitere Tests mit Langstreckenraketen des Typs Schahab 3 an, die eine Reichweite von etwa 2000 Kilometern haben und somit Israel erreichen könnten.
Das iranische Elitekorps hatte das Manöver einschließlich der Raketentests am Samstag angekündigt. Ziel sei es, die Fähigkeit der iranischen Streitkräfte zur Abschreckung zu erhalten und zu verbessern, hieß es in einer Erklärung. Die Tests sollten die jüngsten technischen Entwicklungen bei den Boden-Boden-Raketen überprüfen, teilte Salami mit.
Obama droht mit "militärischen Optionen"
Trotz der Empörung über den am Freitag bekannt gewordenen Bau einer zweiten Atomanlage zur Urananreicherung setzte der Westen weiter auf eine diplomatische Lösung des Konflikts. US-Präsident Barack Obama und der britische Außenminister David Miliband schlossen aber auch militärische Optionen nicht grundsätzlich aus. Obama nannte die zweite Uran-Anlage eine «ernsthafte Gefahr für die weltweiten Bemühungen zur Nichtweiterverbreitung von Atomwaffen». Die Gespräche, zu denen der Iran am kommenden Donnerstag mit der so genannten Sechser-Gruppe zusammenkommen wird, seien deshalb «von zusätzlicher Dringlichkeit».
Der iranische Präsident Mahmud Ahmadinedschad sagte, er erhoffe sich von dem in Genf stattfindenden Gespräch mit Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Russland, China und den USA «grundsätzliche Veränderungen». Aus diesem Grund habe sich sein Land nur zurückhaltend zu Vorwürfen Obamas geäußert, wonach Teheran den Bau einer zweiten Atomanlage zur Anreicherung von Uran jahrelang verheimlicht habe. Darüber hinaus wies er die internationale Kritik zurück. Es sei «völlig legal», dass der Iran die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) 18 Monate vor der Inbetriebnahme der Anlage über deren Existenz informiert habe.
Israel fordert "unmissverständliche Antwort"
Der Leiter der iranischen Atombehörde, Ali Akbar Salehi, betonte, dass die Anlage nicht zu militärischen Zwecken diene. Sein Land habe kein Problem damit, dass die Inspekteure der IAEA die Anlage kontrollierten. Teheran wolle mit der IAEA einen Termin für die Inspektion vereinbaren. US-Außenministerin Hillary Clinton begrüßte die Ankündigung.
Der israelische Außenminister Avigdor Lieberman forderte eine «unmissverständliche Antwort» der internationalen Gemeinschaft auf den Bau der Anlage. Deren Existenz zeige eindeutig, dass Teheran nach Atomwaffen strebe, sagte er im israelischen Rundfunk. Das «verrückte Regime» Irans müsse nun so schnell wie möglich gestürzt werden. Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan kündigte unterdessen an, Ende Oktober in Teheran nach einer Lösung für den Atomstreit suchen zu wollen. (afp)