Teheran. Nachdem der Iran erneut mehrere Langstreckenraketen getestet hat, gibt es scharfe internationale Kritik. Mit den Raketen könnte das tausend Kilometer entfernte Israel erreicht werden. Der EU-Außenbeauftragte Solana zeigte sich besorgt - auch wegen der zweiten Anlage zur Urananreicherung.

Der Iran hat nach eigenen Angaben am Montag erneut verschiedene Typen von Langstreckenraketen getestet, die auch das tausend Kilometer entfernte Israel erreichen könnten. Nach Armeeangaben feuerten die Streitkräfte eine Sedschil-Rakete sowie eine Ghadr-1 ab, die als Weiterentwicklung der Schahab-3 beschrieben wurde. EU-Chefdiplomat Javier Solana äußerte sich angesichts des Atomkonflikts beunruhigt.

Der Luftwaffenchef der Revolutionsgarden, Hussein Salami, sagte, beide Raketentypen seien bei einem Manöver erfolgreich getestet worden. Es handele sich um eine Ghadr-1-Trägerrakete mit einer Reichweite von 1800 Kilometern und um eine Sedschil, die bis zu zweitausend Kilometern weit reiche. Sein Land werde «vernichtend» antworten auf jede Bedrohung seiner Existenz, seiner Unabhängigkeit oder seiner Freiheit, fügte Salami im iranischen Fernsehen hinzu.

"Gegen jede Drohung gewappnet"

Die Nachrichtenagentur Fars meldete, mit der Sedschil-Rakete hätten die Revolutionsgarden «erstmals eine zweistufige Rakete unter Verwendung eines festen Treibstoffs» erprobt. Das zeige, dass der Iran seine «strategische und vorbeugende Fähigkeit» gesteigert habe, «um gegen jegliche Drohung gewappnet zu sein».

Der EU-Außenbeauftragte Solana zeigte sich am Rande eines Treffen der EU-Verteidigungsminister in Göteborg besorgt über die Raketentests, aber auch über die lange verheimlichte zweite Anlage zur Urananreicherung im Iran. Das französische Außenministerium bezeichnete die Raketentests als «erheblich destabilisierend» und forderte Teheran auf, an den Verhandlungstisch zurückzukehren statt weiter Konfrontation zu schüren. Großbritannien, das wie Frankreich an den Sechs-Nationen-Gesprächen über das iranische Atomprogramm beteiligt ist, nannte die Tests beunruhigend. Ein Regierungssprecher betonte zugleich, das wichtigste Thema sei der Atomkonflikt.

Beschwichtigende Töne aus Russland

Aus Russland, dessen Präsident Dmitri Medwedew vergangene Woche erstmals neue Sanktionen gegen Iran nicht ausgeschlossen hatte, kamen nach den Raketentests beschwichtigende Töne. Es sei nicht die Zeit für Emotionen, zitierte die Nachrichtenagentur Interfax diplomatische Kreise. Es sei notwendig, Ruhe zu bewahren und erfolgreiche Verhandlungen zu beginnen. Die Sechser-Gespräche über das iranische Atomprogramm sollen nach 14-monatiger Unterbrechung am Donnerstag wieder aufgenommen werden.

Bereits im Mai und im November 2008 hatte Teheran erfolgreiche Tests einer Trägerrakete vom Typ Sedschil verkündet. Die Boden-Boden-Rakete entstamme einer «neuen Generation», hieß es damals. Mit einer Reichweite von bis zu zweitausend Kilometern könnten die Langstreckenraketen neben Israel auch US-Militärstützpunkte in der Region treffen. Im Zusammenhang mit Irans Atomanlagen hatte Israel wiederholt einen Militärschlag angedroht. Auch die USA schließen eine militärische Eskalation nicht aus.

Zivile Nutzung

Der Westen verdächtigt den Iran, unter dem Deckmantel der zivilen Nutzung der Kernkraft heimlich Atomwaffen zu entwickeln. Teheran weist dies zurück. Erst vergangene Woche war bekannt geworden, dass Iran in einer zweiten Anlage Uran anreichert. Hochangereichertes Uran kann für den Bau von Atombomben verwendet werden. Zur Energiegewinnung in Kernkraftwerken genügt niedrig angereichertes Uran. (afp)