Freiburg. . Der Papst hat die aktuelle Organisation der Kirche hierzulande kritisiert: Es gebe „einen Überhang an Strukturen gegenüber dem Geist“. Am heutigen Sonntag hat Benedikt XVI. gemeinsam mit 100.000 Pilgern in Freiburg noch einmal eine Messe gefeiert.

Papst Benedikt XVI. hat sich in die Strukturdebatte in der katholischen Kirche in Deutschland eingeschaltet und die aktuelle Organisation der Kirche hierzulande kritisiert. Es gebe „einen Überhang an Strukturen gegenüber dem Geist“, sagte das Kirchenoberhaupt am Samstagabend in Freiburg.

Am dritten Tag seiner Deutschlandreise traf er sich mit Delegierten des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZDK), der Vertretung der katholischen Laien. „In Deutschland ist die Kirche bestens organisiert“, sagte der Papst und fragte: „Aber steckt hinter den Strukturen auch die entsprechende Kraft, die Kraft des Glaubens an einen lebendigen Gott?“ Er betonte: „Wenn wir nicht zu einer wirklichen Erneuerung des Glaubens finden, wird alle strukturelle Reform wirkungslos bleiben.“

Vorbild Ruhrbistum

Vor allem angesichts schwindender Mitglieder- und Priesterzahlen sucht die katholische Kirche seit Jahren nach Alternativen zur traditionellen volkskirchlichen Struktur mit wohnortnahen Gemeindeangeboten. Vielerorts folgt man dabei notgedrungen dem Vorbild des Ruhrbistums, das bereits 2005 begonnen hat, kleine Gemeinden zu Großpfarreien zusammenzuschließen, Gottesdienste und andere seelsorgerische Angebote auszudünnen und die Verwaltung zu verschlanken.

Da der Papst seine Kritik indes nicht vor Bischöfen, sondern vor Laienvertretern formulierte, sieht mancher in der Rede Benedikts vor allem eine Kritik an den gerade in Deutschland sehr traditionsreichen katholischen Verbänden. Der Bundesverband der katholischen Jugend (BDKJ) – Dachorganisation von Verbänden wie der Pfadfindersschaft St. Georg oder der Katholischen Jungen Gemeinde – zeigte sich jedenfalls enttäuscht. „Unsere Strukturen sind kein Selbstzweck, sondern Mittel zum Zweck“, sagte der BDKJ-Bundesvorsitzende Dirk Tänzler, der selbst bei der Begegnung von Papst und ZDK dabei war. Immer wieder müssten diese Strukturen „am Evangelium ausgerichtet werden“, so Tänzler. „Aber ohne unsere Strukturen wäre so etwas hier gar nicht möglich“, fügte er mit Blick auf den Gottesdienst am Samstagabend mit rund 25.000 Jugendlichen in Freiburg hinzu.

„Überlegen, wie wir weiter die Menschen erreichen“

ZDK-Präsident Alois Glück sieht die Papst-Worte jedoch „nicht speziell abgezielt auf die Laien, die Verbände oder das ZDK“. Der Papst habe „die Struktur insgesamt kritisiert“. Und das sei eine Frage, die etwa auch Thema des Dialogprozesses sei, der derzeit in der deutschen katholischen Kirche läuft. „Wir müssen uns überlegen, wie wir weiter die Menschen erreichen“, so Glück. Er sehe nach dem Treffen mit dem Papst „keine besonderen Differenzen zu unserer Arbeit“ sondern fühle sich vielmehr ermutigt, den Dialogprozess mit den Bischöfen voranzutreiben.

Papst beendet Deutschlandbesuch

Am vierten und letzten Tag seines Deutschlandbesuchs hat Papst Benedikt XVI. am heutigen Sonntag gemeinsam mit 100.000 Pilgern in Freiburg noch einmal eine Messe gefeiert. Nach Predigt und Ansprache auf dem City-Airport-Gelände trifft der Papst am Nachmittag in der Stadt Bundesverfassungsrichter und in Kirche und Gesellschaft engagierte Katholiken. Am frühen Abend verabschiedet Bundespräsident Christian Wulff den Pontifex am Flughafen Lahr. Anschließend fliegt der Papst mit einem Airbus der Lufthansa zurück nach Rom. (Mit Material von dapd)