Karlsruhe. . Die Bundesregierung darf den Weg zur Euro-Rettung weitergehen, das Bundesverfassungsgericht hat den Klägern gegen den Euro-Rettungsschirm eine Abfuhr erteilt. Das Karlsruher Urteil ist aber keine Überraschung, die Karlsruher Richter keine Ersatzregierung. Ein Kommentar.

Aus Karlsruhe kein Stoppsignal: Die Bundesregierung darf den Weg weitergehen, den sie zur Rettung des Euro meinte einschlagen zu müssen. Sie ist nicht gezwungen, den Wackelkandidaten der Euro-Zone die Unterstützung zu entziehen, darf sich weiterhin mit Krediten und Bürgschaften engagieren. Eine Abfuhr für die Kläger, die gehofft hatten, dem Euro-Rettungschirm im Karlsruhe den Garaus zu machen, und nun dafür gesorgt haben, dass er ein Gütesiegel des Bundesverfassungsgerichts trägt.

Eine Überraschung ist dieses Urteil allerdings nicht. Es fügt sich ein in die seit jeher in Karlsruhe auch geübte Praxis richterlicher Selbstbeschränkung. Das Verfassungsgericht versteht sich nicht als Ersatzregierung, dürfte das gar nicht, ohne auf Dauer das eigene Ansehen schwer zu beschädigen. Nicht von ungefähr hat der Vorsitzende Andreas Voßkuhle bei der Urteilsverkündung eine Feststellung wiederholt, die bei vergleichbaren früher Anlässen, etwa der Hartz-IV-Entscheidung, schon zu hören war: In der praktischen Politik habe der Gesetzgeber einen weiten, vom Bundesverfassungsgericht nicht kontrollierbaren Ermessenspielraum.

Richter stellen sich der Politik nicht in den Weg

Soll heißen: Wo es um entscheidende Weichenstellungen geht, stellen sich die Richter der Politik nicht mit Verboten in den Weg. Sie haben das auch in ihren Urteilen zur europäischen Integration nie getan und weder den Vertrag von Maastricht noch den von Lissabon blockiert. Sie haben indes bei beiden Gelegenheiten, und jetzt erneut, dem Ja ein deutliches Aber hinzugefügt: Als „verfassungsrechtliche Blanko-Ermächtigung für weitere Rettungspakete“ wollen sie ihr Urteil ausdrücklich nicht verstanden wissen.

Stattdessen heben sie die Rolle des Bundestages hervor, dem auch in europäischen Angelegenheiten die entscheidende Stimme zukommen soll, und dessen Budgetrecht nicht einer „unbestimmten Ermächtigung“ anheimfallen. Zur Beherzigung für all jene, die neuerdings die Rettung aus der Krise von mehr europäischem Finanz-Zentralismus erhoffen.