Berlin. . CDU/CSU und FDP gehen von einer eigenen Mehrheit bei der Abstimmung über den reformierten Euro-Rettungsschirm aus. Ganz sicher aber können sie sich nicht sein. Bei einem Votum zur Einbringung des Gesetzes gab es 14 Nein-Stimmen.
Die Koalitionsfraktionen von CDU/CSU und FDP haben am Montagabend grünes Licht zur Einbringung des Gesetzentwurfs zum reformierten Euro-Rettungsschirm EFSF ins Parlament gegeben - allerdings mit weniger Stimmen bei der Union als von der Fraktionsführung erhofft.
In der CDU/CSU-Sitzung gab es zwölf Nein-Stimmen und sieben Enthaltungen. Bei der FDP stimmten zwei Abgeordnete mit Nein, vier enthielten sich. Zumindest die Zahl der offenen Abweichler würde damit zwar nicht die Kanzlermehrheit der schwarz-gelben Koalition gefährden. Allerdings sollen auch nicht alle Kritiker des EFSF an der Abstimmung teilgenommen haben.
SPD: Sollte Merkel keine eigene Mehrheit haben, sind Neuwahlen zwingend
Die SPD sieht Kanzlerin Angela Merkel gescheitert, sollte die schwarz-gelbe Koalition keine eigene Mehrheit bei der Abstimmung über die Gesetze zum reformierten Euro-Rettungsschirm EFSF zustande bringen. In dieser entscheidenden Frage müsse die Kanzlerin eine eigene Mehrheit vorweisen können, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD, Thomas Oppermann, am Dienstag in Berlin.
Oppermann sagte, die SPD sei zur Übernahme der Regierungsverantwortung bereit. Sollte Merkel keine eigene Mehrheit haben, dann seien Neuwahlen zwingend. Die SPD stehe nicht für eine Koalition mit der Union zur Verfügung. Er bekräftigte, die SPD sei bereit, die EFSF-Reform mitzutragen: "Wir stellen keine Bedingungen für unser Mitwirken bei der Währungsstabilisierung." Dies gelte auch dann, wenn die SPD zunächst nicht alle ihre Vorstellungen zur Bekämpfung der Schuldenkrise durchsetzen könne. Die SPD strebt unter anderem einen Schuldenschnitt, die Besteuerung des Finanzmarktes und eine Wirtschaftsregierung in Europa an.
Oppermann räumte ein, auch in der SPD-Fraktion gebe es Gegner der jetzigen Gesetzgebungspläne zur Stabilisierung der Euro-Zone: "Auch die SPD-Abgeordneten wollen, dass die Griechen ihre Hausaufgaben machen", sagte er mit Blick auf Kritik an den Sparbemühungen in Griechenland. Er rechne aber mit "großer Geschlossenheit" in der SPD-Fraktion bei der EFSF-Abstimmung am 29. September.
Nicht alle Kritiker haben an der Abstimmung teilgenommen
Bereits am Montagvormittag hatten Bundeskanzlerin Angela Merkel und FDP-Chef Philipp Rösler betont, sie rechneten mit einer eigenen Mehrheit bei der entscheidenden Abstimmung am 29. September. Am Abend äußerte man sich nach den Voten auch in den Fraktionsführungen von Union und FDP optimistisch. Bei früheren Abstimmungen über Euro-Hilfspakete habe es etwa in der Union immer knapp zehn Gegenstimmen gegeben, die sich dann in der entscheidenden Sitzung aber auf jeweils fünf reduziert hätten, hieß es. Dass der Bundestag die deutsche Beteiligung am EFSF ablehnen könnte, gilt ohnehin als unwahrscheinlich, weil die Oppositionsparteien SPD und Grüne bereits ihre Zustimmung signalisiert haben.
Das vom Kabinett bereits gebilligte Gesetz regelt die deutsche Beteiligung am reformierten EFSF. So soll der deutsche Anteil an den im Notfall übernommenen Kreditbürgschaften für angeschlagene Euro-Partner auf 211 Milliarden Euro von bislang 123 Milliarden steigen. Die Euro-Länder insgesamt erhöhen ihre Garantien für Kredite auf 780 Milliarden von bislang 440 Milliarden Euro, damit der EFSF jederzeit die vereinbarten 440 Milliarden Euro zur Verfügung hat. Außerdem wird der Instrumentenkasten des EFSF zur Hilfe für strauchelnde Länder erweitert.
FDP stellt Bedingungen für eine Zustimmung
In dem deutschen Gesetz sollen auch die Mitspracherechte des Parlaments an Entscheidungen des EFSF geregelt werden. Die Haushaltsexperten von Union und FDP hatten sich dazu vergangene Woche auf einen Kompromiss verständigt. Demnach muss der Bundestag immer zustimmen, wenn ein Euro-Land ein Hilfsprogramm beantragt. Werden Programme nachträglich geändert, ist die Zustimmung des Haushaltsausschusses erforderlich. Der Vorschlag soll während des parlamentarischen Verfahrens in das Gesetz eingearbeitet werden. Die FDP-Fraktion machte deutlich, dass die Aufnahme dieser Vorgaben Bedingung für eine Zustimmung der Liberalen ist.
FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle sagte am Abend, für die Liberalen sei der Parlamentsvorbehalt entscheidend. Es könne nicht sein, dass der Bundestag als Haushaltsgesetzgeber in Fragen in einer Größenordnung von zwei- bis dreistelligen Milliardenbeträgen nicht voll eingebunden sei. (Reuters)