Düsseldorf. . Im Parteien-TÜV nehmen wir die fünf großen Parteien in NRW unter die Lupe: Wer sind die Auf- und wer die Absteiger? Welche Probleme gibt es? Und wie sieht es mit der Strategie aus? Teil vier: die FDP.

Die Lage

Nach dem Verlust der Regierungsbeteiligung 2010 landet die liberale Partei in Umfragen derzeit unterhalb der Fünf-Prozent-Hürde. Die schlechte Performance der FDP im Bund zieht auch die Landespartei weit herunter. Der FDP fehlt eine realistische Regierungsoption in NRW, weil die rot-grüne Minderheitsregierung bisher keine Absicht für eine rot-gelb-grüne Ampel-Koalition erkennen lässt.

Mit der Abwanderung ihres Ex-Landeschefs Andreas Pinkwart als Uni-Rektor nach Leipzig und dem Wechsel der politischen „Allzweckwaffe“ Christian Lindner als Generalsekretär im Bund mangelt es an Zugpferden. Finanzprobleme, Mitgliederschwund – die FDP durchläuft eine schwere Krise.

Die Probleme

Das FDP-Mantra „Privat vor Staat“ findet momentan wenig Unterstützer. Längst machen sich die kommunalen Stadtwerke wieder im Energiemarkt breit. Die Liberalen treten für weniger Schulden ein, fordern aber Steuersenkungen. Der neue FDP-Landeschef Daniel Bahr ist als Gesundheitsminister und Krisenmanager in Berlin rund um die Uhr beschäftigt und kann die verunsicherte Landespartei nur „nebenbei“ führen.

Die Basis vermisst eine Aufbruchstimmung. Beim Schulkonsens zwischen Rot-Grün und CDU spielte die FDP keine Rolle. Während FDP-Fraktionschef Gerhard Papke den Schulkonsens als Schritt hin zur Einheitsschule ablehnte, sieht Pinkwart darin einen tragfähigen Kompromiss. Einzelne FDP-Kreisverbände fordern einen „Kleinen Parteitag“, um die neue Sekundarschule zu unterstützen.

Die Strategie

Die FDP setzt dem rot-grünen „Zeitgeist des Neinsagens“ ihr Konzept „Mut zur Zukunft, keine Angst vor dem Fortschritt“ entgegen. Die Liberalen präsentieren sich als die letzten Verfechter für einen industriefreundlichen Kurs und die Stärkung des Mittelstandes. Die Botschaft: Wer Bahnhöfe, Flughäfen, Straßen, Strommasten und Gentechnik wie die „Wutbürger“ ablehnt, kann den Wohlstand nicht erhalten.

Mit der gewonnenen Verfassungsklage gegen den Schuldenkurs von Rot-Grün hat die FDP einen wichtigen Erfolg errungen und die Minderheitsregierung zum Sparen gezwungen. Feindbild der FDP ist die Linkspartei. Mit der Kritik an der „heimlichen rot-rot-grünen Koalition“ in NRW setzen die Liberalen die Regierung Kraft unter Druck.

Die Ziele

Die Liberalen bringen sich als Rettungsanker für die rot-grüne Minderheitsregierung in Position. Da vorgezogene Neuwahlen für die FDP im Umfrageloch gefährlich wären, ziehen die Blau-Gelben die Bildung einer stabilen Mehrheit ohne Linke aus der Mitte des Landtags vor.

Die FDP muss sich aus der einseitigen Fixierung auf die CDU lösen und sich neue Bündnisoptionen eröffnen, will ihren Markenkern – klarer Sparkurs, Schulvielfalt – dabei aber nicht aufgeben. Vor allem muss die FDP aus der existenzgefährdenden Abwärtsspirale heraus

Auf- und Absteiger

FDP-Landeschef Daniel Bahr hat als Vertreter der Berliner „Boy Group“ in NRW kaum punkten können. Bahr reißt Basis und Bürger mit den meist blassen und wenig visionären Auftritten bisher nicht von den Stühlen.

Der rhetorisch versierte Zuspitzer Papke, der mit seinem klaren Profil und oft schroffen Ton gegenüber Rot-Grün keinen Konflikt scheut, wird zur kaum überwindbaren Hürde für eine Ampel. Das ausgleichende Naturell eines Andreas Pinkwart wäre hilfreicher denn je. Im Landtag sind sich Liberale und Grüne spinnefeind.