Düsseldorf. . Im Parteien-TÜV nehmen wir die fünf großen Parteien in NRW unter die Lupe: Wer sind die Auf- und wer die Absteiger? Welche Probleme gibt es? Und wie sieht es mit der Strategie aus? Den Auftakt macht die SPD.

Wie steht es mit den Parteien in NRW - und wie geht es weiter? Unser Parteien-TÜV in fünf Teilen zeigt es.

Die Lage

Die rot-grüne Minderheitsregierung arbeitet schon länger als vor einem Jahr erwartet. Zwar hatte die SPD 2010 mit 34,5 Prozent ihr bislang schlechtestes Wahlergebnis eingefahren. Weil die Rüttgers-CDU aber um 10 Prozent abstürzte, wagte die SPD ein Minderheitsbündnis mit Grün.

In Umfragen dümpelt die SPD bei 30 bis 34 Prozent, in den Sympathiewerten liegt Ministerpräsidentin Kraft aber weit vor CDU-Herausforderer Röttgen. Bei vorgezogenen Neuwahlen hätte Rot-Grün gute Aussichten auf eine eigene Mehrheit – ohne Flankenschutz der Linken. Die SPD zögert aber, weil sich das Gewicht innerhalb der Koalition zugunsten der Grünen verschieben dürfte.

Die Probleme

Die aus der Not geborene Ministerriege zeigt unübersehbare Schwächen. Das NRW-Verfassungsgericht hat den mit Milliarden-Krediten geplanten Nachtragshaushalt 2010 gekippt und das Konzept des vorsorgenden Sozialstaats „auf Pump“ faktisch gestoppt.

CDU und FDP haben Kraft deshalb zur „Schuldenkönigin“ erkoren. Da Rot-Grün eine Stimme zur Mehrheit der Mandate fehlt, ist die Koalition der Einladung in der Regel auf die unberechenbare Linke angewiesen. Die Linke will den nötigen Sparkurs und Personalstreichungen aber im Haushalt 2012 nicht mittragen.

Das Problem der horrenden Landesverschuldung bleibt ungelöst. Beim nächsten Konjunktureinbruch und steigenden Zinsen droht Rot-Grün ein Finanzdebakel.

Die Strategie

Die SPD hat Studiengebühren und die Elternbeiträge im letzten Kindergartenjahr abgeschafft sowie die Mitbestimmung im Öffentlichen Dienst ausgebaut. Die Genossen wollen bei Gewerkschaften und „kleinen Leuten" durch die Agenda 21 verlorenes Terrain zurückgewinnen..

Beim Schulkonsens hat Kraft die CDU geschickt eingebunden, das Ziel einer Gemeinschaftsschule für alle musste aber für mindestens zwölf Jahre verschoben werden. Verteilte die SPD zunächst vor allem soziale Wohltaten, entdeckt sie jetzt die Wirtschaft. Kraft lehnt eine De-Industrialisierung als Folge der Energiewende ab und legt sich mit ihrem Ja zu weiteren Kohle-Kraftwerken mit den Grünen an.

Die SPD wirbt mit der „Koalition der Einladung“ auch bei der CDU um Unterstützung für Gesetze.

Die Ziele

Die Sozialdemokraten suchen den dritten Weg zwischen Sozial- und Wirtschaftspolitik. Gleichzeitig muss die SPD den Trend stoppen, dass der grüne Partner mit weichen Öko-Themen im roten Lager wildert. Kraft will das Image der mit Geld um sich werfenden Sozialarbeiterin loswerden.

Daneben will sie den SPD-Markenkern als Kümmerpartei der „guten Arbeit“ stärken und den Wirtschaftsstandort fördern. Die rot-grüne Allianz mit der Linken wirkt aber abschreckend auf Investoren. Die SPD wartet auf einen geeigneten Termin für vorgezogene Neuwahlen, um sich aus der Abhängigkeit der Linkspartei zu befreien.

Auf- und Absteiger

Hannelore Kraft hat im Jahr eins als bürgernahe, authentische Regierungschefin Punkte gemacht. Kraft taucht bei Skandalen ihrer Minister gern ab, tingelt dafür umso lieber durch Talkshows und Plauderrunden. Die machtbewusste SPD-Landeschefin ist in ihrer Partei die uneingeschränkte Nr.1. Der Schulfrieden mit der CDU gilt als ihr größter Erfolg.

Das Vabanquespiel mit der Linken schadet der Regierungschefin aber. Insgesamt ist ihre Koalition blass geblieben und Rot-Grün nicht viel gelungen. Das gilt besonders für die überforderten SPD-Minister Voigtsberger (Wirtschaft) und Schulze (Wissenschaft). Auch SPD-Fraktionschef Norbert Römer hat kaum politische Akzente gesetzt. Seine Geschäftsführerin Britta Altenkamp warf nach einem Abstimmungs-Skandal im Landtag das Handtuch.