Rostock. . Mauerstreit am Jahrestag des Mauerbaus vor 50 Jahren: Beim Parteitag der Linken in Mecklenburg-Vorpommern nannte der ehemalige Landtagsabgeordnete Arnold Schoenenburg den Mauerbau „alternativlos“. Dafür wurde er von Parteikollegen scharf kritisiert.
Der Streit um die Bewertung des Mauerbaus vor 50 Jahren hat gleich zu Beginn die Debatte auf dem Parteitag der Linken in Mecklenburg-Vorpommern geprägt. Der Landesvorsitzende Steffen Bockhahn kritisierte am Samstag in der Rostocker Stadthalle die Darstellung, der Bau der Mauer sei alternativlos gewesen. Einer der Mitverfasser des umstrittenen Positionspapiers zum Thema, Arnold Schoenenburg, hob hingegen genau diese Passage des Dokuments hervor.
Schoenenburg zitierte den besonders kritisierten Satz, wonach die Entscheidung über den Mauerbau 1961 für Sowjetunion und DDR „ohne vernünftige Alternative“ gewesen sei. Als denkbare Alternativen nannte er unter anderem „eine Friedenslösung“, die aber vom Westen verhindert worden sei. Außerdem hätte die DDR-Führung alles beim Alten belassen können, was aber zum „Zerfall“ des Staates geführt hätte, sagte Schoenenburg. Die dritte Möglichkeit sei gewesen, die DDR der Bundesrepublik „auszuliefern“, was damals aber niemandem in den Sinn gekommen sei.
Krieg als Alternative?
Schließlich habe es noch die Alternative einer bewaffneten Auseinandersetzung zwischen Ost und West gegeben. Die Gefahr eines neuen Krieges sei damals real gewesen, sagte Schoenenburg. „Heiligt die Verhinderung eines Krieges nicht die Sicherung einer Staatsgrenze?“, fragte der frühere Landtagsabgeordnete. Er räumte zugleich ein, dass vieles, was aus der Mauer „erwachsen“ sei, nicht richtig gewesen sei.
Parteichef Bockhahn verurteilte hingegen in seiner Rede die Ereignisse vom 13. August 1961 scharf. „Den Bau der Mauer kann man nicht entschuldigen“, sagte er am Samstagvormittag. Relativierende Positionen in der Linken seien bei diesem Thema nicht akzeptabel. Die Parteimitglieder „haben Verantwortung zu tragen für das Leid, das durch die Mauer entstanden ist. Wir haben Verantwortung zu tragen für die Toten, die es an und die es durch die Mauer gegeben hat“, sagte Bockhahn.
Manche blieben bei der Schweigeminute sitzen
Zu Beginn der Veranstaltung hatte das Tagungspräsidium die Anwesenden aufgefordert, sich zu einer Schweigeminute für die Opfer der Berliner Mauer zu erheben. Eine Hand voll Teilnehmer blieb jedoch sitzen. Der stellvertretende Fraktionschef der Linken im Bundestag, Dietmar Bartsch, kritisierte dieses Verhalten scharf. „Für die Toten erhebt man sich, ohne Wenn und Aber“, rief Bartsch. Jeder Tote sei für die Linke ein Grund zu trauern.
Mit ihrem Streit waren die Nordost-Linken schon seit Tagen in den Schlagzeilen. Der Landesparteitag beschloss am Samstagabend, auf einer gesonderten Konferenz einen Standpunkt zum Mauerbau zu erarbeiten und verabschieden.
Am Morgen hatten vor der Rostocker Stadthalle Vertreter von Opferverbänden und der Jungen Liberalen Mecklenburg-Vorpommern. Sie wollten auf das Unrechtsregime der DDR hinweisen, wie der Vorsitzende der Jungen Liberalen, Sebastian Bergs, der Nachrichtenagentur dapd sagte. (dapd)