Nikosia. . Die syrische Regierung geht erneut mit Gewalt gegen ihre eigene Bevölkerung vor. Bei Militärangriffen am Sonntag Morgen kamen offenbar erneut mehrere Dutzend Menschen ums Leben. Angeblich desertierten hunderte Soldaten.
Bei Angriffen der syrischen Armee auf mehrere Städte sind am Sonntag nach Angaben von Menschenrechtsaktivisten dutzende Zivilisten ums Leben gekommen. Allein in der Protesthochburg Hama im Zentrum des Landes wurden mindestens 45 Menschen getötet, wie der Chef der in London ansässigen Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte, Rami Rahman, sagte. Ein angeblicher Armeeoberst gab an, er sei mit „hunderten“ Soldaten desertiert.
In Hama hätten Soldaten und weitere Sicherheitskräfte bei ihrem Einmarsch am Morgen das Feuer auf Zivilisten eröffnet und dabei auch viele weitere Menschen verletzt, sagte Rahman der Nachrichtenagentur AFP. Die Stadt war Anfang Juli Schauplatz einer Demonstration gegen die Staatsführung mit etwa einer halben Million Teilnehmern gewesen. In der östlichen Stadt Deir Essor seien zudem sechs Menschen getötet und etwa 50 weitere verletzt worden, sagte Rahman. In Harak im Süden des Landes habe es drei Tote und dutzende Verletzte gegeben.
Oberst und hunderte Soldaten angeblich desertiert
Laut der Beobachtungsstelle waren erst am Freitag beim Vorgehen von Sicherheitskräften gegen Proteste hunderttausender Syrer landesweit 20 Menschen getötet und 35 weitere verletzt worden. Am Samstag seien nahe Deir Essor drei Bewohner des Dorfs Tabneh aus einem Militärkonvoi heraus erschossen worden, der zum Sitz des örtlichen Gouverneurs in der Stadt unterwegs gewesen sei, sagte Rahman. Demnach eröffneten die Soldaten das Feuer, als ihr Konvoi von etwa 60 Armeefahrzeugen, darunter auch Panzer, mit Steinen beworfen wurde.
Ein Mann, der sich gegenüber AFP am Samstag telefonisch als Armeeoberst Riad el Asaad ausgab, sagte, er sei wegen der Ereignisse um Deir Essor zusammen mit „hunderten“ Soldaten desertiert. Zum Zeitpunkt des Telefonats befand er sich nach eigenen Angaben „nahe der türkischen Grenze“. Sollte das syrische Militär seinen Einsatz in der Ölstadt fortsetzen, werde er mit seiner „freien Armee“ zurückschlagen, drohte er. Seine Angaben konnten zunächst nicht überprüft werden.
„Unsere Waffen sind Kameras und Mobiltelefone“
Syrische Oppositionelle in Algerien sprachen sich indes gegen ein Eingreifen des Auslands in den Konflikt aus. „Dies ist eine friedliche Revolution, unsere Waffen sind Kameras und Mobiltelefone“, sagte der in Algerien lebende Jurist Adnane el Busch anlässlich eines Treffens von etwa 50 Aktivisten am Samstag in der Hauptstadt Algier. Bei der Konferenz, die sich dem Schutz von Kindern und Jugendlichen in Syrien widmete, hieß es, in den Auseinandersetzungen seien bislang mehr als hundert Minderjährige getötet worden.
In Syrien finden seit Mitte März Massenproteste gegen die Staatsführung um Präsident Baschar el Assad statt. Nach jüngsten Angaben der Beobachtungsstelle wurden seither mehr als 1550 Zivilisten getötet und etwa 12.000 weitere festgenommen. Zudem seien rund 370 Soldaten ums Leben gekommen.(afp)