Washington . Die großen US-Banken schlagen im Schuldenstreit Alarm. In einem Brandbrief an die Politiker drängen sie auf eine schnelle Einigung. Ansonsten befürchten sie dramatische Folgen für die Wirtschaft der USA.

In dem zunehmend dramatischen US-Schuldenstreit haben die größten US-Finanzkonzerne die Politiker in einem Brandbrief zu einer Einigung aufgefordert. Ein Hinziehen des erbitterten Streits zöge „schwerwiegende Konsequenzen“ nach sich, hieß es in dem Brief, der unter anderem von Goldman-Sachs-Chef Lloyd Blankfein, JPMorgan-Chef Jamie Dimon und James Gorman von Morgan Stanley unterzeichnet ist. Am Abend wollte das US-Repräsentantenhaus über einen republikanischen Vorschlag zur Schuldenreduzierung abstimmen, der den Weg zu einem Kompromiss ebnen könnte. US-Präsident Barack Obama zeigte sich überzeugt, dass eine Lösung noch vor Ablauf der Frist am 2. August möglich ist.

An den Finanzmärkten nimmt inzwischen die Angst deutlich zu, dass es tatsächlich zu einer Zahlungsunfähigkeit der USA kommen könnte - deshalb fielen am Donnerstag europäische Aktien den vierten Tag in Folge. Selbst deutschen Unternehmen bereitet der Streit mittlerweile Kopfzerbrechen. Der Präsident des deutschen Außenhandelsverbandes, Anton Börner, warf den US-Politikern ein kindisches Geschacher vor. „Die Folgen, die entstünden, wenn der Streit eskaliert, sind so dramatisch, so schlimm, dass man eigentlich überhaupt nicht darüber nachdenken will.“

Banker malen ein tiefschwarzes Bild

„Ein Zahlungsausfall bei unseren Verpflichtungen oder eine Herabstufung des Kreditratings der USA wäre ein ungeheurer Rückschlag für das Geschäft und das Vertrauen der Investoren“, heißt es in dem Brief der US-Banken. Sie malen ein tiefschwarzes Bild für den Fall, dass eine Einigung scheitert: Steigende Zinsen für alle Kreditnehmer, eine Schwächung des Dollar, Schatten über den Aktien- und Anleihemärkten, „und damit eine dramatische Verschlechterung des ohnehin schon schwierigen wirtschaftlichen Umfelds in unserem Land“.

Die Politiker müssen bis kommenden Dienstag die Schuldenobergrenze von derzeit 14,3 Billionen Dollar erhöhen - ansonsten droht eine Zahlungsunfähig mit unabsehbaren Folgen für die Weltwirtschaft. Zudem steht die wertvolle Top-Bonitätsnote der USA auf dem Spiel.

Konservative Abgeordnete verweigern die Gefolgschaft

Am Abend sollte das Repräsentantenhaus über einen Vorschlag des Oppositionsführers John Boehner abstimmen. Zwar hat sein Plan im demokratisch dominierten Senat kaum eine Chance - dennoch könnte er die Basis für eine Einigung unter den zerstrittenen Politikern bilden. Aber selbst aus dem eigenen Lager weht Boehner heftiger Gegenwind ins Gesicht: Einige von der erzkonservativen Tea-Party-Bewegung unterstützte Abgeordnete erklärten wenige Stunden vor der Abstimmung, sie würden gegen Boehners Plan stimmen, da ihnen dieser nicht radikal genug sei. Sollte Boehner keine Mehrheit bekommen, wird aller Voraussicht nach eine Einigung deutlich schwieriger.

Ein Kongress-Mitarbeiter erklärte, voraussichtlich werde das Repräsentantenhaus gegen Mitternacht deutscher Zeit über den Vorschlag Boehners abstimmen, mit dem die Schuldengrenze um 900 Milliarden Dollar angehoben werden soll. Während der Vorschlag Boehners eine kurzfristige Anhebung der Schuldengrenze vorsieht, favorisieren die Demokraten eine längerfristige Lösung. Haupthindernis für die Anhebung der Schuldengrenze ist zudem der Streit über Steuererhöhungen, die von den Republikanern vehement abgelehnt werden. Die Demokraten wollen hingegen wohlhabende Amerikaner stärker zur Kasse bitten.

Das US-Präsidialamt erklärte, es sei offensichtlich, welche Elemente ein Kompromiss enthalten müsste: Deutliche Ausgabenkürzungen, der Anstoß zu einer Steuerreform sowie eine auch für das kommende Jahr ausreichende Erhöhung der Schuldengrenze. „Wir bleiben zuversichtlich, dass eine Einigung erzielt werden kann“, erklärte ein Sprecher. Selbst ein umfassender Kompromiss sei noch möglich, auch wenn dieser mittlerweile wenig Chancen habe, räumte der Sprecher ein. (rtr)