Kiel. Der Ministerpräsident von Schleswig-Holstein Peter Carstensen gerät weiter unter Druck. Nach dem Scheitern der Großen Koalition soll der Christdemokrat laut einem Medienbericht falsche Aussagen im Zusammenhang mit der 2,9-Millionen-Euro-Sonderzahlung für den HSH-Nordbank-Chef gemacht haben.
Der Kieler Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU) soll im Zusammenhang mit der 2,9-Millionen-Euro-Zahlung für HSH-Nordbank-Chef Dirk Jens Nonnenmacher den Landtag falsch informiert haben. Der «Spiegel» zitierte am Samstag vorab aus einem Brief von Carstensen an den Parlamentspräsidenten Martin Kayenburg (CDU). In dem Schreiben vom 10. Juli heiße es, der Präsidialausschuss der HSH Nordbank habe «mit vorherigem Einverständnis der Spitzen der Landesregierungen in Hamburg und Schleswig-Holstein und der Spitzen der die Regierungen tragenden Fraktionen» die Zahlung an Nonnenmacher beschlossen.
Dem «Spiegel» zufolge soll es aber ein Einverständnis der Fraktionsspitzen von CDU und SPD in Kiel nie gegeben haben, weder vor noch nach der Sitzung des Präsidialausschusses der HSH Nordbank am 26. Juni. Der schleswig-holsteinische SPD-Fraktionschef Ralf Stegner sagte dem «Spiegel», er sei «erst vier Tage später in einer Koalitionsrunde von Carstensen informiert worden». Stegners CDU-Kollege Johann Wadephul hatte dem Bericht zufolge bereits am vergangenen Dienstag in einer Sitzung seiner Fraktion erklärt: «Einvernehmen ist mit uns nicht erzielt worden.»
Laut «Spiegel» soll der persönliche Referent des Kieler Finanzministers Rainer Wiegart (CDU) erst am Nachmittag des 26. Juni nach dem Beschluss des Präsidialausschusses den Finanzausschuss-Vorsitzenden Günter Neugebauer (SPD) und die Finanzexperten von CDU und SPD per E-Mail informiert haben. Laut «Spiegel» soll Carstensens Brief auch in Teilen identisch sein mit einem Brief, den sein Hamburger Kollege Ole von Beust (CDU) am selben Tag dem Präsidenten der Hamburger Bürgerschaft schickte. Demnach könne vieles dafür sprechen, dass Carstensen den Beust-Brief ohne sorgfältige Prüfung weitgehend übernommen und mit seinem Briefkopf und seiner Unterschrift versehen habe. Carstensens Sprecher Knut Peters sagte dem Magazin, zu diesem Thema sei alles gesagt.
Carstensen nennt SPD-Chef Stegner «notorischen Störer»
Nach dem Bruch der großen Koalition in Kiel hat Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU) SPD-Landeschef Ralf Stegner erneut scharf angegriffen. «Er war schon immer ein notorischer Störer», sagte Carstensen dem «Focus». Der ständige Streit in der Koalition habe ihn «wahnsinnig belastet». Die Entscheidung für Neuwahlen sei ihm nicht leicht gefallen. «Ich bin kein Taktierer - im Gegensatz zu Dr. Stegner», der im Landtag erklärt habe, dass auch er Neuwahlen wolle, aber trotzdem gegen die Auflösung des Parlaments stimmen wolle. «Das sagt doch alles», sagte Carstensen.
Stegner entgegnete im «Focus», er sei «grobschlächtige Angriffe» auf seine Person gewohnt. Es sei Carstensen, «der jedes mal umfällt, sobald ihm Wind ins Gesicht weht». Die Schuld für den Streit trage der Ministerpräsident. Es sei offenkundig, dass Carstensen den Koalitionsbruch «gezielt betrieben hat, um zur Bundestagswahl zu wählen.»
Die Kieler CDU-Fraktion hatte am Mittwochabend auf Vorschlag von Carstensen einstimmig beschlossen, das Bündnis mit der SPD zu beenden. Am Montag will der Landtag über einen Antrag von CDU und Opposition abstimmen, der die Auflösung des Landesparlaments zum Ziel hat. Für die Annahme des Antrags ist allerdings eine Zwei-Drittel-Mehrheit und damit auch Zustimmung aus der SPD erforderlich. Stegner hatte allerdings am Freitag vor dem Landtag angekündigt, seine Fraktion werde nicht zustimmen und im Landtag «geschlossen abstimmen».
Mehrheit für Bündnis von CDU und FDP in Schlesig-Holstein
Nach dem Bruch der Großen Koalition in Schleswig-Holstein gibt es nach dem Ergebnis zweier Umfragen eine Mehrheit für ein bürgerliches Bündnis aus CDU und FDP. Nach einer am Samstag veröffentlichten Umfrage des NDR kommt die CDU auf 36 Prozent der Stimmen und verliert 4,2 Prozentpunkte im Vergleich zum Ergebnis der Landtagswahl 2005. Die SPD rutscht von 38,7 auf 24 Prozent, ein Verlust von 14,7 Prozentpunkten. Die FDP erreicht 15 Prozent, ein Plus von 8,4 Prozentpunkten, und die Grünen liegen bei 14 Prozent, ein Plus von 7,8 Prozent. Damit hätte eine schwarz-gelbe Koalition eine Mehrheit.
Bei den kleinen Parteien käme nach der von Infratest dimap durchgeführten NDR-Umfrage der Südschleswigsche Wählerverband (SSW), für den die Fünf-Prozent-Hürde zur Landtagswahl nicht gilt, auf 3 Prozent, ein Verlust von 0,6 Prozentpunkten. Die Partei Die Linke würde mit 5 Prozent erstmals in das Parlament einziehen. Bei der Landtagswahl 2005 war sie noch als PDS angetreten und auf 0,8 Prozent gekommen. Eine Umfrage des Psephos-Instituts im Auftrag des «Hamburger Abendblatts» kommt zu ähnlichen Ergebnissen: Demnach liegt die CDU bei 39 Prozent, die SPD bei 25, die FDP bei 14, Grüne bei 11. Der SSW steht in diese Befragung bei 4 Prozent, die Linke bliebe mit 4 Prozent außerhalb des Landtages.
Wenn bei einer Landtagswahl der Ministerpräsident direkt gewählt werden könnte, läge laut NDR-Umfrage Regierungschef Peter Harry Carstensen (CDU) deutlich vor seinem SPD-Herausforderer Ralf Stegner. 51 Prozent der Befragten würden sich für Carstensen entscheiden. 19 Prozent würden ihre Stimme Ralf Stegner (SPD) geben. Das Ende der Koalition aus CDU und SPD haben nach Meinung von 55 Prozent der Schleswig-Holsteiner Carstensen und Stegner gemeinsam zu verantworten. 25 Prozent benennen den SPD-Politiker als Verantwortlichen, 9 Prozent den Ministerpräsidenten von der CDU.