Kiel. Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU) hat die Entlassung der vier SPD-Minister gerechtfertigt. Carstensen bezeichnete die Entscheidung als notwendigen Schritt. Der Landeschef der SPD, Ralf Stegner, kritisierte den Ministerpräsidenten hingegen scharf.
Der schleswig-holsteinische Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU) hat am Montag die SPD-Minister seines Kabinetts entlassen. Die Amtszeit der vier SPD-Kabinettsmitglieder ende mit Ablauf des Dienstags, erklärte Carstensen am Montagabend. Dies sei nach dem Bruch der großen Koalition die notwendige Konsequenz, fügte der Regierungschef hinzu.
Am Montagabend rechtfertigte Carstensen seinen Schritt in den ARD-"Tagesthemen». Die SPD habe ihn durch ihre Weigerung, das Parlament aufzulösen, zu diesem Schritt gezwungen. Da er die Vertrauensfrage habe stellen müssen, «gibt es nur wenig Möglichkeiten, dann noch Minister der anderen Koalitionsseite zu halten». Daher sei er «gezwungen» gewesen, auch die Minister zu entlasssen, fügte der CDU-Politiker hinzu.
Die Entlassung der SPD-Minister sei ihm «wahrlich schwer gefallen», sagte Carstensen. «Ich habe immer versucht, dieses zu vermeiden und jeder weiß, dass ich eine gute Zusammenarbeit mit den Ministern gehabt habe, dass sie fair und sorgfältig auch im Kabinett gearbeitet haben.» Durch die Abstimmung im Parlament und die Vertrauensfrage sei jedoch deutlich geworden, dass die Koalition aus SPD und CDU in Schleswig-Holstein nicht mehr zusammenarbeiten könne, sagte Carstensen. Daher könne auch im Kabinett nicht so getan werden, als sei «nichts gewesen».
Justiz, Arbeit und Europa werden Chefsache
Um die Arbeit der SPD-Minister soll demnach von anderen Kabinettsmitgliedern übernommen werden. Um die Aufgaben des bisherigen Ministers für Justiz, Arbeit und Europa, Uwe Döring, will sich Carstensen persönlich kümmern.
Der SPD-Chef in Schleswig-Holstein, Ralf Stegner, kritisierte den Schritt scharf: «Die partei- und machtpolitisch getriebene Entlassung ist unbegründet, schäbig und würdelos», erklärte er. Bislang habe sich Carstensen stets lobend über die Ministerinnen und Minister der SPD geäußert. «Und nun wird im Lichte guter Umfragewerte für die CDU eine eiskalte Machtpolitik durchgezogen», kritisierte Stegner. Carstensen hatte am Montag die Vertrauensfrage gestellt, um die von ihm angestrebten vorgezogenen Neuwahlen herbeizuführen. Eine Selbstauflösung des Landtags war zuvor am Widerstand der SPD gescheitert.
Vetrauensfrage gestellt
Um vorgezogene Neuwahlen herbeizuführen, hatte der Ministerpräsident am Montag die Vertrauensfrage gestellt. Angesichts der Zerrüttung der großen Koalition habe er «keine andere Wahl», sagte Carstensen in Kiel. Eine Selbstauflösung des Landtages war zuvor am Widerstand der SPD gescheitert.
Zwar stimmten sowohl die CDU als auch die Opposition aus FDP, Grünen und Südschleswigem Wählerverband (SSW) für den Antrag auf ein vorzeitiges Ende der Wahlperiode. Doch die SPD-Fraktion votierte wie angekündigt dagegen und blockierte so die erforderliche Zwei-Drittel-Mehrheit.
Die Sozialdemokraten seien zwar auch für Neuwahlen, sagte SPD-Fraktionschef Ralf Stegner nach der Abstimmung vor Journalisten. Doch nach dem von der CDU herbeigeführten «vorsätzlichen Bruch» der großen Koalition sei eine Auflösung des Parlaments nicht der ehrliche Weg. «Der Weg dahin, der muss anständig sein, der muss ehrenhaft sein», sagte Stegner.
"Große Koalition als Chance, Gräben zuzuschütten"
Auch die vier SPD-Landesminister stimmten gegen die Auflösung des Landtages. Die stellvertretende Ministerpräsidentin Ute Erdsiek-Rave (SPD) sagte, sie habe «die große Koalition immer auch als Chance verstanden, Gräben zuzuschütten und dieses Freund-Feind-Denken zu überwinden». Sie wolle nicht akzeptieren, «dass dies gänzlich gescheitert ist».
Carstensen begründete seine Forderung nach Neuwahlen erneut mit der Wirtschaftskrise. Gebraucht werde «eine handlungsfähige Regierung, auf die man vertrauen kann und die sich gegenseitig vertraut». Der CDU-Ministerpräsident strebt Neuwahlen am 27. September parallel zur Bundestagswahl an.
Über die Vertrauensfrage können die Abgeordneten frühestens in 48 Stunden abstimmen. Der Landtag wird vermutlich am Donnerstag zu einer weiteren Sondersitzung zusammenkommen. Die CDU-Landtagsfraktion hatte das seit 2005 bestehende Regierungsbündnis mit der SPD am Mittwoch aufgekündigt. (afp)