Dresden. . In Dresden beginnt der Evangelische Kirchentag. Er wird die Energiewende fordern, obwohl sie längst beschlossen ist. Dabei hat die Kirche ganz andere Probleme.

Diesmal war die Bundesregierung schneller als der Evangelische Kirchentag. Sie hat den Ausstieg aus der Atomenergie beschlossen, noch bevor das Christentreffen am Mittwochabend überhaupt eröffnet wurde. Dabei sollte die Energiewende eines der großen Themen auf dem Kirchentag in Dresden werden. Doch erledigt sei das Thema damit noch längst nicht, erklären die Organisatoren. „Wir gehen davon aus, dass viele Teilnehmer ihrem Wunsch nach einer Energiewende Ausdruck geben wollen“, davon ist Rüdiger Runge, Sprecher des Kirchentags, überzeugt.

Allerdings ist den Protestanten ein prominenter Adressat ihres Wunsches aus aktuellem Anlass verloren gegangen. Bundesumweltminister Norbert Röttgen sagte eine Podiumsdiskussion ab, weil er nun an einer Kabinettsberatung teilnehmen muss. Eingesprungen ist SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier. Aber auch die Präsidentin des Kirchentags, Katrin Göring-Eckardt, die Grünen-Politikerin, die auch Bundestags-Vizepräsidentin ist, hält die Atomwende für das aktuellste Thema des gesamten christlichen Großereignisses.

Es fällt auf, wie politisch das Programm ist

Auffällig ist, dass diesmal das Programm mit insgesamt 2300 Veranstaltungen klare politische Schwerpunkte setzt. Dazu gehört vor allem die Frage nach einer Wirtschaftsethik. Aber auch ein „Klassiker“ der Kirchentage soll wegen der Entwicklung vor allem in Afghanistan breit diskutiert werden: das Verhältnis zwischen Friedensethik und Verteidigungspolitik. Darüber will auch der Ratsvorsitzende der EKD (Evangelische Kirche in Deutschland) Nikolaus Schneider mit Bundesverteidigungsminister Thomas de Maizière auf einem Podium sprechen. Zudem werden auch Bundespräsident Christian Wulff, Bundestags-Präsident Norbert Lammert und Bundeskanzlerin Angela Merkel erwartet.

Doch trotz aller Politik dürfte ein Thema in Dresden ganz besonders in den Mittelpunkt rücken. Die Frage nämlich, welche Bedeutung das Christentum überhaupt noch in der Gesellschaft hat. Denn in Sachsen gehört nur jeder Fünfte zur evangelischen Kirche, wie eine neue Umfrage im Auftrag der „Zeit“ ergab. 60 Prozent der Befragten betet nie und nur ein Drittel glaubt an Gott. Jeder zweite Sachse will keine Kruzifixe an öffentlichen Orten sehen.

Kirchtag im unchristlichen Sachsen

Wie die Sachsen also damit umgehen, dass mitten in ihrer atheistischen oder kirchenfernen Welt fünf Tage lang Christen mit ihren leuchtend weißen Zeltburgen in der Altstadt, den vielen bunten Bühnen überall an den Ufern der Elbe, mit Kirchenbänken auf der Straße und mit ihrer alles überragenden Präsenz das öffentliche Geschehen bestimmen werden, das wird wohl die spannendste Frage dieses Evangelischen Kirchentages werden.