Berlin. . Die Regierung hat den Fahrplan zum Atomausstieg festgezurrt. Fast alle Altmeiler gehen sofort, die neuesten Reaktoren bis 2022 vom Netz. Es bleiben die Brennelementesteuer – und viele Fragen.
Die Regierung hat den Fahrplan zum Atomausstieg festgezurrt. Fast alle Altmeiler gehen sofort, die neuesten Reaktoren bis 2022 vom Netz. Es bleibt bei der Brennelementesteuer. Ein bis zwei der alten Reaktoren sollen im Notfall noch Strom erzeugen. Doch einige Fragen bleiben offen.
Wie entwickelt sich der Strompreis?
Er wird steigen. Die Prognosen reichen von einem zusätzlichen Cent je Kilowattstunde bis hin zu 5,5 Cent. Exakt kann das niemand prognostizieren.
Und die Altmeiler?
Sechs der sieben Altreaktoren und der Pannenreaktor Krümmel bleiben vom Netz. Ein beziehungsweise zwei alte AKW sollen in den Wintern 2011/12 und 2012/13 als stille Reserve dienen und ans Netz gehen, wenn Engpässe drohen oder die Netzstabilität gefährdet ist. Dies könnten Philippsburg I, Isar I oder Biblis B sein. Die Bundesnetzagentur entscheidet.
Eignet sich ein alter Reaktor als Standby-Meiler ?
Ja, wenn der Betreiber das Personal vor Ort lässt. Ein AKW eignet sich aber nicht, kurzfristig auf Engpässe oder Netzschwankungen zu reagieren. Das Hochfahren dauere ein bis zwei Tage, sagt Wolfgang Renneberg, der Ex-Chef der Atomaufsicht im Umweltministerium. Dazu muss das Wasser im Reaktor wieder auf Betriebstemperatur erwärmt werden. Die Ethikkommission hält ein Standby-Kraftwerk für nicht sinnvoll. Auch Renneberg sagt: „Die einzig denkbare Option wäre, dass das Kraftwerk dann über den ganzen Winter Strom produziert.“
Was passiert mit den Reststrommengen?
Diejenigen von Krümmel und Mülheim-Kärlich können die AKW-Betreiber auf neuere Kraftwerke übertragen.
Wann gehen die neun neueren Meiler vom Netz?
Sechs davon bis 2021. Einen gestaffelten Zeitplan gibt es nicht. 2022 sollen nur noch die drei neuesten Reaktoren Strom erzeugen. Grünen-Umweltexpertin Bärbel Höhn befürchtet, dass bis Dezember 2019 kein neueres Kraftwerk den Dienst einstellt – wegen übertragbarer Reststrommengen. Wenn diese bis 2022 nicht aufgebraucht sind, sollen sie verfallen.
Fällt die Brennelementesteuer nun weg?
Nein, sie bleibt bis 2016. Da aber nur neun oder zehn anstatt 17 Reaktoren am Netz sind, bekommt der Staat pro Jahr 1,3 statt 2,3 Milliarden Euro. Die CSU wollte die Steuer abschaffen, die FDP war dagegen.
Sind Laufzeiten über 2022 hinaus dennoch denkbar?
Nach dem jetzigen Konzept nein. Es gibt keine Revisionsklausel.
Wie soll die Energiewende gelingen?
Das Netzausbaubeschleunigungsgesetz soll den Bau von Stromtrassen erleichtern und das Planungsbeschleunigungsgesetz den rascheren Aufbau von Kraftwerken. Bis 2020 sollen so Kraftwerke mit 20 Gigawatt Leistung entstehen. Ob es hier um Gas- oder Kohlekraftwerke geht, lässt Schwarz-Gelb offen. Änderungen im Bauplanungsrecht sollen den Austausch alter durch neue Windräder fördern. Das Gebäudesanierungsprogramm wird wieder auf 1,5 Milliarden Euro erhöht.
Was kostet die Energiewende den Staat nun zusätzlich?
Gut zwei Milliarden Euro. Finanzminister Schäuble bekommt nun eine Milliarde weniger bei der Brennelementesteuer. 500 Millionen Euro erhalten die energieintensiven Unternehmen als Ausgleich. Zudem gehen die Erlöse aus dem Handel mit CO2-Zertifikaten nun in den Fonds zum Ausbau der erneuerbaren Energien. Sparen will die Koalition dagegen bei der Förderung von Biomasse und Windanlagen an Land.