Straßburg. . Russland hat laut einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte mit der Festnahme des Ölmagnaten Michail Chodorkowski 2003 gegen dessen Rechte verstoßen. Die Richter werten das Verfahren allerdings nicht als politisch beeinflusst.

Die Verurteilung des früheren Ölmagnaten Michail Chodorkowski war laut einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte nicht politisch motiviert. Allerdings habe Russland nach der Festnahme Chodorkowskis im Jahr 2003 gegen dessen Rechte verstoßen.

Das Gericht verurteilte unter anderem die sanitären Bedingungen und die Enge der Zelle, in der Chodorkowski festgehalten wurde, sowie die Verlängerung seiner Untersuchungshaft, die ohne Begründung geschehen sei.

Die Anklagepunkte gegen Chodorkowski hätten zwar "begründeten Verdacht" eines politischen Hintergrunds hervorgerufen, die Anwälte hätten aber keine unumstößlichen Beweise für eine politische Motivation des Verfahrens vorgebracht, hieß es in dem am Dienstag veröffentlichten Urteil.

Rückschlag für Chodorkowski-Anhänger

Der Spruch des Gerichts wurde als Rückschlag für die Anhänger Chodorkowskis gesehen, die versuchen, ihn als politischen Häftling darzustellen. Sie äußern den Verdacht, dass die Verurteilung des ehemals reichsten Mannes Russlands wegen Steuerhinterziehung und Betrug eine Bestrafung gewesen sei, weil er unter anderem Oppositionsparteien finanziell unterstützt und damit den damaligen Präsidenten Wladimir Putin herausgefordert habe.

Die Vorsitzende der Menschenrechtsorganisation Moscow Helsinki Group, Ljudmila Alexejewa, sagte der Agentur Interfax, sie sei sehr enttäuscht von dem Urteil.

Der Gerichtshof in Straßburg verpflichtete Russland zur Zahlung von Schadenersatz und Gerichtskosten im Umfang von 24.000 Euro. Das Urteil fiel nach einer Klage, die in Zusammenhang mit Chodorkowskis Festnahme und erstem Prozess eingereicht worden war.

Verhaftung Chodorkowskis war illegal

Der ehemalige Oligarch war festgenommen worden, als Spezialeinheiten sein Flugzeug auf einem Flughafen in Sibirien stürmten. Die Festnahme sei anfänglich gerechtfertigt gewesen, weil Chodorkowski nicht zu einem Gerichtstermin erschienen war, wo er als Zeuge geladen war, urteilte das Gericht. Allerdings sei er wenige Stunden später mit einer ganzen Liste an Strafanzeigen gegen ihn konfrontiert worden.

"Die Geschwindigkeit, mit der die Ermittler agierten, deutete darauf hin, dass sie auf diese Entwicklung vorbereitet waren und sie Herrn Chodorkowski als Angeklagten wollten und nicht als einfachen Zeugen. Deshalb war seine Verhaftung illegal und wurde aus einem anderen als dem angegebenen Grund gemacht", hieß es vom Gericht.

Erst vergangenen Freitag hatte Chodorkowski erneut die Aussetzung seiner Reststrafe zur Bewährung beantragt, wie seine Anwälte am Montag mitteilten. Zuvor hatte ein Moskauer Gericht einen Berufungsantrag Chodorkowskis abgewiesen und dessen 14-jährige Haftstrafe um lediglich ein Jahr reduziert. Der 47-Jährige muss demnach noch bis 2016 ihn Haft bleiben.

Nach russischem Recht könnte die Reststrafe jedoch zur Bewährung ausgesetzt werden, da Chodorkowski bereits die Hälfte seiner Strafe verbüßt hat.

Chodorkowski war im zweiten Prozess gegen ihn im vergangenen Dezember für schuldig befunden worden, Öl im Wert von 25 Milliarden Dollar (17,8 Milliarden Euro) von drei Tochterfirmen seines Ölkonzerns Jukos gestohlen zu haben. Das Urteil wurde international scharf kritisiert. (dapd)