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Michail Chodorkowski ist von einem Moskauer Gericht wegen Betrugs in millardenhöhe schuldig gesprochen worden. Warum es dem Putin-Kritiker zum Verhängnis wurde, als er seinen Reichtum in politischen Einfluss ummünzen wollte.

Der Öl-Millardär und Putin-Kritiker Michail Chodorkowski ist von einem Moskauer Gericht wegen Betrugs in millardenhöhe schuldig gesprochen worden. Wie es zum Aufstieg und Absturz des Oligarchen kam. Wen es so um 1990 ins Herz des Weltkommunismus, also nach Moskau, verschlug, der konnte den Umbruch buchstäblich greifen. Der sah – auch ohne die neue Politik der Öffnung des Reform-Kremlführers Michail Gorbatschow bis ins Detail zu verstehen – die neue Zeit ins vorherige Zentrum der Planwirtschaft einziehen: Coca-Cola-Neonreklame und McDonald’s-Filialen erleuchten die im Prinzip tristgrauen Metropole. Der Kapitalismus ist da, er ist farbig, und er bringt gutes Geld.

Die Mächtigsten der Welt

Platz 10: Microsoft-Gründer Bill Gates. Er verpflichtete in diesem Jahr 40 der reichsten Menschen der Welt, den Großteil ihres Geldes für wohltätige Zwecke zu spenden. Dies sei eine beinahe unmögliche Leistung, findet
Platz 10: Microsoft-Gründer Bill Gates. Er verpflichtete in diesem Jahr 40 der reichsten Menschen der Welt, den Großteil ihres Geldes für wohltätige Zwecke zu spenden. Dies sei eine beinahe unmögliche Leistung, findet "Forbes" - und hebt Gates dafür in die Top 10. (Foto: AP) © AP
Platz 9: Sonia Gandhi. Als Vorsitzende der regierenden Kongresspartei habe sie unerreichten Einfluss über 1,2 Milliarden Inder, schreibt
Platz 9: Sonia Gandhi. Als Vorsitzende der regierenden Kongresspartei habe sie unerreichten Einfluss über 1,2 Milliarden Inder, schreibt "Forbes" in seiner Begründung. Damit habe sie ihren Status als Erbin der politischen Dynastie Nehru-Gandhi zementiert. (Foto: imago)
Platz 8: US-Notenbankchef Ben Bernanke. Er hat laut
Platz 8: US-Notenbankchef Ben Bernanke. Er hat laut "Forbes" nur noch einen Pfeil im Köcher, um die Wirtschaftskrise in den USA zu lindern: Geld zu drucken. Immerhin sei er ehrlich, wenn er sage, dass die US-Regierung so viele Dollars drucken könne, wie sie wolle. (Foto: AFP) © AFP
Platz 7: Großbritanniens Premierminister David Cameron. Das Magazin
Platz 7: Großbritanniens Premierminister David Cameron. Das Magazin "Forbes" hob ihn in die Top 10 der Mächtigsten, weil er wie die "Eiserne Lady" Margaret Thatcher entschlossen sei, Ausgaben der Regierung drastisch zu kürzen. (Foto: Reuters) © REUTERS
Platz 6: Bundeskanzlerin Angela Merkel. Für
Platz 6: Bundeskanzlerin Angela Merkel. Für "Forbes" die mächtigste Frau der Welt. Als deutsche Kanzlerin lenke sie die Geschicke der größten Volkswirtschaft Europas. (Foto: AP) © AP
Platz 5: Papst Benedikt XVI.
Platz 5: Papst Benedikt XVI. "Forbes" schreibt, er sei die höchste irdische Autorität für 1,1 Milliarden Gläubige. Er bleibe in seiner Ablehnung von Geburtenkontrolle, der Homo-Ehe und der Benennung weiblicher Priester standhaft. (Foto: AFP/ddp) © ddp
Platz 4: Russlands Ministerpräsident Wladimir Putin. Laut
Platz 4: Russlands Ministerpräsident Wladimir Putin. Laut "Forbes"-Begründung besitzt er immer noch mehr Macht als der von ihm ausgewählte Staatspräsident Dmitri Medwedew. Wahrscheinlich werde er seinen Protégé im Jahr 2012 im Amt ersetzen. (Foto: AFP) © AFP
Platz 3: Saudi-Arabiens König Abdullah bin Abdul Aziz al Saud. Laut
Platz 3: Saudi-Arabiens König Abdullah bin Abdul Aziz al Saud. Laut "Forbes" der absolute Herrscher des Staates mit den größten Öl-Reserven der Welt. Er setze sich für Reformen ein und unterhalte zugleich gute Beziehungen zum konservativen religiösen Establishment. (Foto: imago) © imago stock&people
Platz 2: US-Präsident Barack Obama. Laut
Platz 2: US-Präsident Barack Obama. Laut "Forbes" bleibt er trotz seines Rückschlags bei den Kongresswahlen oberster Kommandeur der größten und tödlichsten Streitkräfte der Welt und trägt weiterhin den Titel "Führer der freien Welt". (Foto: AFP) © AFP
Platz 1: Chinas Staatspräsident Hu Jintao.
Platz 1: Chinas Staatspräsident Hu Jintao. "Forbes" begründet seine Wahl damit, dass Hu fast diktatorische Kontrolle über 1,3 Milliarden Menschen hat und ungehindert von Bürokraten und Gerichten Flüsse umlenken, Dissidenten inhaftieren und das Internet zensieren kann. (Foto: AFP) © AFP
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So um diese Zeit herum hatte das ein junger, 1963 geborener Mann längst begriffen, der sich zuvor um den sozialistischen Jugendverband Komsomol bemüht hatte und nun eine Privatfirma für Computer-Handel gegründet hat. Und weil sich Rubel um Rubel mehrt, greift dieser Michail Chodorkowski schon bald nach den Sternen, wird Mitbegründer der ersten Privatbank Russlands, wird Politiker, gar Minister und steigt nicht viel später (auf seltsamem Wege) mit fast 80 Prozent der Aktien beim Ölkonzern Jukos ein, ist alsbald Multimilliardär und Russlands reichster Mann.

Wilder Osten

Dass eine solche Irrsinnskarriere möglich wird, liegt an den Turbulenzen unter der Präsidentschaft von Boris Jelzin. Russland durchlebt einen elementaren Wandel. Der wilde Osten, Marktwirtschaft radikal – sie stürzt Millionen ins Elend, macht eine kleine Schicht superreich. Sie sind die „Oligarchen“, und immer wieder ist – wie bei Chodorkowski – Öl ihr Geschäft.

Wenn knallhartes Big Business das Maß aller Dinge ist, dann hat der gelernte Chemiker bisher alles richtig gemacht. Dann aber gedenkt er seinen Reichtum in politischen Einfluss umzumünzen. Er fördert Parteien, die sich für das Land als Bürgergesellschaft engagieren, kehrt den Gönner heraus, indem er hier und dort Millionen verteilt, er prangert Korruption im Regierungsgefüge an und begeht sodann den kapitalen Fehler, den mächtigen Präsidenten Wladimir Putin zu kritisieren. Strebt Chodorkowski selbst die Präsidentschaft an? Das fragt sich Putins Umgebung, jedenfalls ist dieser Oligarch ein schmerzender Stachel in Putins Machtapparat: Es wendet sich dieses Mannes Blatt.

Exempel statuiert

Am 25. Oktober 2003 wird er verhaftet. Betrug und Steuerhinterziehung wirft man ihm vor. Auf acht Jahre Arbeitslager lautet das Urteil. Ein „politischer Prozess“ empören sich nicht nur Regierungskritiker, „an ihm wird nicht Recht gesprochen, sondern ein Exempel statuiert“.

Auch im Straflager JG 14/10 in der Nähe der chinesischen Grenze deutet manches daraufhin. Da verbüßt er seine Strafe, kahlgeschoren, in Schlafsälen mit 160 Mann. Da wird er wegen des verbotenen Besitzes von zwei Zitronen gerügt, da er-hält er auch wegen anderer angeblicher Verstöße Verweise. Etwa, weil er trotz Befehls nicht die Hände auf dem Rücken verschränkte. Warum diese Strenge, warum diese Rügen? Vielleicht, weil nach russischem Recht eine vorzeitige Freilassung möglich ist. Aber nur bei einer „tadellosen Führung“? Das alles hat Chodorkowski nicht mürbe gemacht. Auch im Straflager blieb er Putin-Kritiker, Rebell. Als Märtyrer sehen ihn seine Jünger. Noch sehr lange werden die ihn nicht in Freiheit erleben.