Berlin. . Die Niederlage bei der Bremen-Wahl war für die CDU kein Unfall: Die Christdemokraten müssen in den Metropolen Niederlagen hinnehmen. Sie findet keinen Zugang zu den Bürgern der Großstädte.

Bremen ist zwar klein, und auf eine Wahlniederlage war die CDU gefasst. Trotzdem tut sie den Christdemokraten weh, weil sie so bezeichnend war. In Bremen wurden sie auf zwei Probleme gestoßen: Die Grünen zeigen ihnen die kalte Schulter, und in den Städten verliert die CDU an Zustimmung.

Das zeigte sich in Hamburg und nun in Bremen, wo die Talsohle erreicht schien, und im Herbst droht ein Fiasko in Berlin. Dort könnte die Volkspartei auf den vierten Platz zurückfallen, hinter SPD, Grünen und Linken. Völlig unrealistisch ist das Szenario nicht. Nicht zuletzt mit Blick auf die Berlin-Wahl will CDU-Chefin Angela Merkel am Montag im Vorstand über den künftigen Energiekurs befinden. Sie will Entscheidungen treffen – ihr Versuch, den Grünen Wind aus den Segeln zu nehmen. Ihr verächtlicher Satz vom letzten Herbst über das schwarz-grüne „Hirngespinst“ wird ihr häufig vorgehalten.

Die Grünen sind in den Städten stark und – wie in Bremen – für jüngere Wähler attraktiv. Das sind umgekehrt genau die Schwächen der Union. „Der Umgang mit den Großstadt-Gruppen wird für die CDU eine Herausforderung bleiben“, räumt Merkel ein und fragt, „wie schaffen wir es, im vorpolitischen Raum präsent zu sein?“ Fraktionschef Volker Kauder sieht Defizite in der „Großstadtkompetenz“. Man müsse das Lebensgefühl in den Großstädten besser treffen.

Seit 1990 einen schweren Stand

Ohne das Loveparade-Unglück wäre der Duisburger OB Adolf Sauerland ein Hoffnungsträger der CDU. Viele Großstädte sind ihr nicht geblieben: Frankfurt am Main, Düsseldorf, Stuttgart, wo 2012 Wahlen anstehen und die CDU das Schlimmste befürchten muss. Dass ein Grüner OB einer großen Stadt wie Freiburg wird, ist noch die Ausnahme. In fast allen Großstädten dominiert die SPD: In Köln, Berlin, Hamburg, Bremen, Kiel, Hannover, Erfurt, Leipzig, Mainz, Nürnberg, München, Saarbrücken, ganz zu schweigen vom Ballungsgebiet an Rhein und Ruhr, das auch weithin politisch rot gefärbt ist.

Die Situation ist nicht neu. Ende der 90er-Jahre hatte die CDU einen schweren Stand in den Metropolen. Die bunten Milieus schienen einfach nicht zu der CDU-Programmatik zu passen. Das war jedenfalls die erste Analyse einer Arbeitsgruppe unter Jürgen Rüttgers, die 2004 über einen Zwischenbericht nicht hinauskam, weil er NRW-Ministerpräsident wurde. Vieles, was er seiner Partei damals ins Stammbuch schrieb, wurde auch umgesetzt. Rüttgers regte eine Neuorientierung in der Familien- und Bildungspolitik sowie in der Ausländerintegration an. Auch sollte der Umweltschutz kein Nebenthema sein.

Wer die Großstadt aufgibt, „verliert mittelfristig das ganze Land“

Seither hat die CDU vieles umgesetzt. Der Name Ursula von der Leyen steht für eine moderne Familienpolitik. In Niedersachsen warb man mit der ersten türkisch-stämmigen Ministerin, in NRW mit einem Integrationsressort. Und gegen die Atomkraft ist die CDU auch. Ob Jürgen Rüttgers heute noch mal so argumentieren würde, ist unklar. Wahrscheinlicher, aber für Merkel nicht gerade schmeichelhaft ist eine andere Erkenntnis: Wenn der Bundestrend negativ ist, wenn Merkels Politik widersprüchlich und eine Machtoption ungewiss ist (weil die FDP schwächelt), dann geraten auch die Landes- und Kommunalpolitiker in einen Sog.

Erst vor wenigen Wochen hatte Generalsekretär Hermann Gröhe ein Konzept in Angriff genommen, um in den Städten attraktiver zu werden. Denn heute wie schon 2004 gilt für die CDU: Wer die Großstadt aufgibt, „verliert mittelfristig das ganze Land“.