Berlin. . Nach der Landtagswahl in Bremen werden die Grünen zu einer ernsthaften Konkurrenz für die CDU. Parteichefin Claudia Roth sieht die Grünen jedoch nicht auf dem Weg zu einer „Volkspartei“ - obwohl sie in Bremen die CDU überholt haben.

Auch nach dem Triumph über die CDU bei der Bremen-Wahl sträuben sich die Grünen gegen den Titel Volkspartei. „Wir sind keine Volkspartei“, sagte Grünen-Chefin Claudia Roth am Montag in Berlin. Für die CDU gelte die Bezeichnung aber „definitiv auch nicht mehr“. Die Grünen hatten die CDU in Bremen erstmals bei einer Landtagswahl überholt. Roth sagte, ihre Partei habe damit Geschichte geschrieben. Die Bremer Grünen gaben sich nach dem Wahlerfolg selbstbewusst.

Die Grünen hatten am Sonntag bei der Bürgerschaftswahl in Bremen am deutlichsten hinzugewonnen und ein Rekordergebnis in dem Stadtstaat eingefahren. Nach der Hochrechnung des Landeswahlleiters von Montagmittag kommen sie dort auf 22,6 Prozent. Das offizielle Ergebnis wird wegen der komplizierten Ausrechnung erst am Mittwoch erwartet. Die Grünen werden in Bremen nun mit der SPD weiter regieren können - und zwar erheblich gestärkt. Noch dazu überholten sie erstmals auf Landesebene die CDU. Dies ist ein neuer Etappensieg für die Partei.

„Auch das verändert natürlich die politische Landkarte in unserem Land“, sagte Roth. Das Resultat in Bremen sei ein „weiterer Schritt hin zur Ablösung von Schwarz-Gelb auf Bundesebene“. Als Volkspartei sieht Roth die Grünen aber nicht. Der Begriff sei vorbelastet und stehe für Unverbindlichkeit und das Streben, unterschiedlichen Gruppen „nach dem Mund zu reden“.

„Titel Volkspartei ist vorbelastet“

Die Grünen hätten in Bremen ein „wunderbares Ergebnis“ erreicht und aus der Regierungsverantwortung heraus kräftig an Stimmen zugelegt, sagte Roth. Das Resultat sei ein „unglaublicher Vertrauensbeweis“ der Bevölkerung.

Die Grünen-Spitzenkandidatin und Bremer Finanzsenatorin Karoline Linnert sagte, der Wahlausgang habe ihre Erwartungen noch übertroffen. Zu den anstehenden Koalitionsverhandlungen mit der SPD hielt sich Linnert bedeckt. Es sei üblich, dass sich das Wahlergebnis auch im Kräfteverhältnis innerhalb der Regierung widerspiegele, sagte sie zu der Frage, ob die Grünen angesichts ihres Zugewinns mehr Ressorts bekommen werden. Dies werde ihre Partei zunächst mit dem Koalitionspartner besprechen.

Der Parteienforscher Lothar Probst sagte SPD und Grünen bei den Verhandlungen Auseinandersetzungen voraus. „Es wird das eine oder andere Gerangel geben“, prognostizierte er. Die Grünen würden nach ihrem großen Stimmenzuwachs sicher ein weiteres Ressort einfordern.

„Ernst zu nehmende Konkurrenz für CDU“

Das Bremer Ergebnis zeige aber auch, dass die Grünen zu einem ernst zu nehmenden Konkurrenten für die CDU werden, sagte Probst. „Die Grünen greifen immer stärker in das bürgerliche Lager.“ Bei den Selbstständigen sei sie die erfolgreichste Partei geworden.

Das Resultat im Norden ist eine weitere Station in der Erfolgsserie der Grünen: Schon bei den jüngsten Landtagswahlen in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg hatten sie enorm dazugewonnen. In Stuttgart leiteten die Grünen sogar einen historischen Machtwechsel ein und hoben ihren ersten Ministerpräsidenten ins Amt. Den Chefposten streben sie im Herbst auch bei der Abgeordnetenhauswahl in Berlin an.

„K-Frage ist virtuelle Debatte“

Die Grünen-Spitzenkandidatin für das Rennen ums Rote Rathaus, Renate Künast, sagte im ARD-“Morgenmagazin“: „Wir wollen in Berlin noch weiter und höher kommen.“ Dort gehe es nicht nur darum, die CDU zu übertrumpfen, sondern stärkste Kraft zu werden. Als Volkspartei sieht Künast die Grünen trotz des andauernden Höhenflugs aber auch nicht. „Wir ringen mit dem Wort“, sagte sie. Die Grünen hätten sich damals als Gegenmodell zu den Volksparteien gegründet und hätten einen anderen Ansatz.

Eine Debatte um einen eigenen Kanzlerkandidaten halten die Grünen weiter für verfrüht. „Man soll die Dinge entscheiden, wenn sie anstehen“, sagte Künast. „Das ist noch lange nicht soweit.“ Roth sprach von einer „virtuellen Debatte“. Die Partei werde im Laufe des Jahres über die personelle Aufstellung für die Bundestagswahl 2013 reden, sagte Roth. (dapd)