Tripolis/Essen. . Die Nato hat die Streitkräfte des libyschen Diktators mittlerweile erheblich dezimiert. Exakte Aussagen über die verbliebene Schlagkraft der Armee Gaddafis sind jedoch schwierig.
Nach der Luftwaffe zerstört die Nato nun die See-Streitkräfte des libyschen Diktators Muammar Gaddafi. Die internationale Koalition unter Führung der Nato versenkte in der Nacht zum Freitag acht Kriegsschiffe der libyschen Marine – nach Angaben des Bündnisses eine Reaktion auf die Angriffe der Gaddafi-Flotte auf Nato-Schiffe während der Woche. Außerdem hätten libysche Boote versucht, die Hafeneinfahrt von Misrata zu verminen.
Inzwischen stellt sich die Frage: Wie schlagkräftig ist die Armee des Diktators nach den seit acht Wochen andauernden Angriffen der Nato noch?
Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen und US-Präsident Barack Obama zeigten sich gestern überzeugt, dass Gaddafis Tage gezählt sind und sich der Zusammenbruch des libyschen Regimes nähert. „Ich bin zuversichtlich“, sagte Rasmussen, „dass die Mischung aus starkem militärischen und wachsendem politischen Druck sowie die zunehmende Unterstützung für die Opposition schließlich zum Kollaps des Regimes führen wird.“
„Zeit arbeitet gegen Gaddafi“
Die internationale Koalition habe „Gaddafis Kriegsmaschine bedeutend beschädigt, und jetzt sehen wir die Ergebnisse – die Opposition hat an Boden gewonnen.“ US-Präsident Barack Obama sagte, „die Zeit arbeitet gegen Gaddafi“.
Wie viele der acht versenkten Schiffe tatsächlich Kriegsschiffe gewesen sind, ist unklar. Möglicherweise waren auch mehrere Boote der Küstenwache darunter.
Es ist schwierig, exakte Zahlen über die Stärke von Gaddafis Streitkräfte zu erhalten. Laut des in Washington ansässigen Center for Strategic and International Studies (CSIS) verfügte Gaddafi vor Beginn des Bürgerkriegs über eine 118 000 Mann starke Armee, über 2000 Panzer, 2400 Artilleriegeschütze, 685 Raketen, 35 Kampfhelikopter sowie zwei Fregatten, eine Korvette, zwei U-Boote und 14 Küstenwachboote.
Luftwaffe wohl zerstört
„Für den Kriegsverlauf ist die Marine ohnehin nicht entscheidend gewesen, zumal sie bis zuletzt nur sehr wenig aktiv gewesen ist“, bewertete Pieter Wezeman vom Internationalen Institut für Friedensforschung in Stockholm (SIPRI) gegenüber der WAZ den Nato-Angriff. Seiner Ansicht nach seien momentan nur Schätzungen über den aktuellen Umfang und die Qualität des Waffenarsenals Gaddafis möglich. Offizielle Zahlen zum Beispiel darüber wie viele Soldaten zu den Rebellen übergelaufen sind, gibt es ebenso wenig wie Statistiken über die Anzahl der Panzer, die noch funktionstüchtig sind.
Die ehemals 375 Flugzeuge umfassende Luftwaffe soll komplett zerstört sein. Mittlerweile soll Gaddafi vormals in der Landwirtschaft eingesetzte Kleinflugzeuge vom Typ Cessna mit Bomben bewaffnen lassen, um gegen Rebellenstellungen vorzugehen.