Washington. . US-Präsident Barack Obama hat in einer Grundsatzrede den Völkern Arabiens seine Unterstützung zugesagt. Die Würde eines Straßenverkäufers sei ihm wichtiger als die Macht der Diktatoren, sagte er. Aufhorchen ließen seine Worte über Israel – und sein Schweigen über ein anderes Land.

US-Präsident Barack Obama hat in einer Grundsatzrede zur Arabien-Politik den Völkern der Region die Unterstützung der Weltmacht zugesagt. Oberste Priorität für USA habe die Förderung von Reformen und des demokratischen Wandels, sagte Obama am Donnerstag in einer mit Spannung erwarteten Ansprache in Washington. Ägypten und Tunesien stellte er konkrete Finanzhilfe in Aussicht. Zum Nahost-Konflikt sagte Obama, die Suche nach Frieden zwischen Israelis und Palästinensern sei so dringend wie noch nie.

Die Revolutionen des „arabischen Frühlings“ nannte Obama eine historische Gelegenheit für die USA. „Wir haben die Chance zu zeigen, dass Amerika die Würde eines Straßenverkäufers in Tunesien höher achtet als die rohe Macht des Diktators“, erklärte er. Obama zog eine Parallele zwischen den arabischen Aufständen und der Entstehung der USA im Kampf gegen die britische Herrschaft. Amerika könne daher nicht anders, als sich auf die Seite der arabischen Völker zu stellen, sagte er.

Er verspricht Dollars für die Demokratie

Obama ging reihum auf die einzelnen Krisenherde der Region ein. Für Libyen sagte er voraus, Machthaber Muammar Gaddafi werde am Ende das Land verlassen. Syriens Präsident Baschir al-Assad müsse entweder den Wandel in seinem Land anführen oder aus dem Weg gehen. Von Jemens Staatschef Ali Abdullah Saleh forderte Obama eine Umsetzung seiner Zusage zu einer Machtübergabe, von der Regierung in Bahrain die Schaffung von Bedingungen für einen Dialog mit der Opposition. Ägypten und Tunesien, die beiden Staaten, in denen die Regierung durch Volksaufstände gestürzt wurden, sagte er Hilfen zu. Ägypten sollten bis zu einer Milliarde Dollar an Schulden erlassen werden.

Israel und die Palästinenser rief Obama eindringlich zu mutigen Schritten zur Wiederaufnahme des Friedensprozesses auf. Die Lage sei unbefriedigend und die internationale Gemeinschaft sei des anhaltenden Stillstands müde. Konkret plädierte er für einen raschen Beginn neuer Gespräche, in denen zunächst die zentralen Streitfragen des Grenzverlaufs zwischen Israel und einem Palästinenser-Staat sowie Sicherheitsfragen angegangen werden müssten. Grundlage der Grenze müssten die Grenzen von vor 1967 sein, allerdings mit dem Tausch von Gebieten im gegenseitigen Einvernehmen.

Netanjahu macht klar: Keine Rückkehr zu Grenzen von 1967

In einer ersten Reaktion lehnte Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu einen Palästinenser-Staat in den Grenzen von 1967 ab. Israel wäre dann „nicht zu verteidigen“, sagte er. Die Palästinenser-Regierung begrüße die Anstrengungen der USA, den Friedensprozess voranzutreiben. Bundesaußenminister Guido Westerwelle erklärte, die Rede sei ein „kraftvolles Signal der Unterstützung für den demokratischen Wandel“. Dagegen sagte ein Sprecher der libyschen Regierung, Obama „leide an Wahnvorstellungen“. Nicht er, sondern das libysche Volk entscheide, wann Gaddafi das Land verlasse.

Schon vor der Rede hatte die US-Regierung deutlich gemacht, dass Obama wegen der unterschiedlichen Entwicklungen in der Region keine allumfassende Vision darlegen werde. Im Gegensatz zu seiner viel beachteten Ansprache 2009 in Kairo an die islamische Welt sollte sich die Rede auch weniger an die Herzen der Menschen richten. Umfragen zufolge hat die anti-amerikanische Stimmung im arabischen Raum seitdem wieder zugenommen. Experten sprechen von einer gewissen Enttäuschung seit der Wahl Obamas.

Obama ist innenpolitisch unter Druck

Der Präsident steht wegen seines bisherigen Vorgehens innenpolitisch unter Druck. Kritiker werfen ihm vor, zu langsam auf die Umwälzungen in Nordafrika reagiert zu haben: Zu zögerlich sei seine Reaktion angesichts des libyschen Bürgerkriegs, der Umgang mit der Lage im Jemen und in Bahrain dagegen nicht entschlossen genug. Einige Stimmen verlangen ein Eingreifen in die Kämpfe in Syrien. Experten sehen jedoch den Spielraum der USA als begrenzt, da die Regierung Verbündete wie Saudi-Arabien nicht vor den Kopf stoßen will. Das autoritär geleitete Königreich ist ein Partner im Kampf gegen die Terroristen von El Kaida, ein regionales Gegengewicht zum Iran und ein wichtiger Öl-Lieferant. Saudi-Arabien erwähnte Obama in seiner Rede nicht.

(rtr)